Stadt R von Paul Klee

CC BY-NC-SA 4.0
Paul Klee, Stadt R, 1919, 205

Details

Datierung
1919, 205
Objektart
Zeichnung / Arbeit auf Papier
Material
Aquarell auf Gipsgrundierung, auf Gaze, auf Karton
Maße
16,5 cm x 22 cm
Signatur / Beschriftung
u. r.: Klee 1919 205
Ausgestellt
In "Der Blaue Reiter"
Inventarnummer
AK 7
Zugang
Leihnahme
Creditline
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München
Zitiervorschlag / Permalink
Paul Klee, Stadt R, 1919, 205, Aquarell auf Gipsgrundierung, auf Gaze, auf Karton, 16,5 cm x 22 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, CC BY NC SA
https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/stadt-r-30030522
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Werktext

Das Thema der gebauten Architektur hat Klee in seinen Werken um 1920 in mannigfacher Form behandelt. Offenbar bedeutete die in der Architektur verkörperte reine Konstruktion für ihn ein Grundgesetz auch der bildenden Kunst, für die er analoge Kompositionsprinzipien erkannte. Bereits auf seiner Italienreise 1901-02 war ihm neben dem epigonalen Charakter üblicher künstlerischer Praxis die elementare Beziehung zwischen Architektur- und Bildordnung aufgefallen. Wie grundlegend dieser Zusammenhang für seine Entwicklung zum Maler wurde, macht auch ein Tagebucheintrag der Tunisreise klar: "Sofort ans Werk gegangen und im Araberviertel Aquarell gemalt. Kunst/ Natur/Ich. Diese Synthese Städtebauarchitektur/=Bildarchitektur in Angriff genommen."

In "Stadt R" sind Architekturteile, Mauerwerk, Dächer, Schornsteine in Facetten zerlegt und in einem komplizierten geometrischen Gitter verzahnt. Wirklichkeitsreste, etwa das blaue Dreieck des Himmels, vermischen sich mit Zwischenstufen, wie dem 'gemauerten' Mond im rotierenden Feld rechts und einer im buchstäblichen Sinn zitathaften Zeichensprache: der schwarzen Form eines großen R, das dem Bild, wie auch der "Villa R" (Kunstmuseum, Basel) aus dem gleichen Jahr, seinen Titel gegeben hat, und einem schwarzen Komma mit Punkt. Marcel Franciscono hat die spezielle Eigenart dieses aus dem Kubismus abgeleiteten Prinzips wie folgt beschrieben: "Dass Klee den Kubismus in solcher Weise anwenden konnte, liegt zum Teil in der Natur dieses Stiles selbst, vor allem wie ihn Picasso und Braque verstanden hatten. Denn um 1911, besonders aber seit der Anwendung der Collage im Jahr 1912, lässt sich ihr Vorgehen in der Malerei nicht mehr länger als Fragmentierung einer optischen Wahrnehmung, sondern nahezu ausschließlich als Arrangement von teilstückhaften zweidimensionalen Chiffren und Diagrammen bezeichnen, die eine vielseitige und geistreiche Durchdringung von Formen und Ideen erlaubten. Die Grundlagen eines Bildes – Struktur, Raum, Motivik – wurden auf denselben visuellen Kern zurückgeführt, so weit, dass selbst Buchstaben und Worte eingegliedert werden konnten ohne zu stören."

Während aber die Buchstaben der Kubisten einen Bezug zur Wirklichkeit aufweisen, werden sie bei Klee zum Symbol, das gleichwertig mit anderen geometrischen oder emblematischen Zeichen – Pfeil, Ausrufezeichen, Auge, Herz, Sonne – als Bedeutungsträger eingesetzt wird. Ebenso wie die Architektur des Bildes trotz aller Bewegung und bruchstückhaften Tiefe ein hermetisches Ganzes bildet, bleibt auch der Sinn des R verschlüsselt. Sinn erschließt sich bei Klee stets über das Ganze: "Dies kommt nun schrittweise so zum Ausdruck, dass in der Auffassung des natürlichen Gegenstandes eine Totalisierung eintritt, sei dieser Gegenstand Pflanze, Tier oder Mensch, sei es im Raum des Hauses, der Landschaft oder im Raum der Welt und so, dass zunächst eine räumlichere Auffassung des Gegenstandes an sich einsetzt", schreibt er 1923 in seinen "Wegen des Naturstudiums".

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.

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