Botanisches Theater von Paul Klee

CC BY-NC-SA 4.0
Paul Klee, Botanisches Theater, 1934, 219 (U19)

Details

Datierung
1934, 219 (U19)
Objektart
Gemälde
Material
Öl, Aquarell, Feder auf Papier auf Karton
Maße
50 cm x 67 cm
Signatur / Beschriftung
u. r.: 1924/198; o. l.: Klee/1924/=1934
Ausgestellt
In "Der Blaue Reiter"
Inventarnummer
G 15632 / AK 24
Zugang
Ankauf 1977
Creditline
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München
Zitiervorschlag / Permalink
Paul Klee, Botanisches Theater, 1934, 219 (U19), Öl, Aquarell, Feder auf Papier auf Karton, 50 cm x 67 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München, CC BY NC SA
https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/botanisches-theater-30012280
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Werktext

"Botanisches Theater", 1924 angelegt, 1934 überarbeitet und vollendet, gilt als eines der Hauptwerke Paul Klees. Mit seinem bühnenhaft inszenierten Einblick in die Prozesse des Werdens und Wachsens der belebten Formen ist es ein Schlüsselbild für das zentrale Thema des Wirkens verborgener Lebenskräfte, von Schöpfung und Wandlung, das Klee in seiner Kunst immer wieder umkreist. Das Formenarsenal des "Botanischen Theaters" scheint dabei zu dem von ihm so genannten "inneren Kreis" zu gehören; in verschiedenen Werken besonders der zwanziger Jahre lässt es sich dingfest machen. Während etwa die frühe Radierung "Garten der Leidenschaften" von 1913 noch die 'Kleinwelt' in verflochtenem Chaos zeigt, erlangen etwa die "Bühnenlandschaft" von 1922 (Privatbesitz) oder das von Klee mit der Bemerkung "Sonderclasse" ausgezeichnete Aquarell "Kosmische Flora" von 1923 (Kunstmuseum, Bern) bereits eine Form der Ordnung, die der des "Botanischen Theaters" vorausgeht.

Ordnung ist, bei allen geheimnisvollen Regungen lebendiger Energien und der Bizarrerie der Formen, auch das Grundprinzip des "Botanischen Theaters". Eine rahmende Bühnenarchitektur aus stangenartigen Gewächsen, Blättern und Blüten gibt den Blick frei auf ein in der Mitte schwebendes, protovegetabiles Gebilde mit rotem, tropfenförmigem Kern, das in seinem unteren Bereich wunderliche Triebe entwickelt. "Es ist gleichsam die 'Urpflanze', welche sich ringsherum in verschiedenen Arten entfaltet. Gesetzmäßigkeit und Geheimnis organischen Wachstums sind gleichermaßen erfasst" (Armin Zweite). Man meint in eine alchemistische Werkstatt zu blicken, in der Stoff und Instrumente, schaffende Energie und Materie noch identisch sind und in der kleine, regelhaft geordnete Elemente am Rand der 'Bühne' wie Werkzeuge für größere pflanzliche Formen aufgereiht sind.

"Botanisches Theater", so interpretiert Christian Geelhaar das Bild mit Klees eigenem Vokabular, meine jenen "Urgrund der Schöpfung", der Typen und Urphänomene, in dem "das Urgesetz die Entwicklung speist". Doch nicht nur die Gegenstände, auch die Art ihrer Behandlung und Vernetzung durch haarfeine Pelzschraffuren, die wie ein fluktuierender Flaum alle Formen überziehen, und die querschnitthafte Bloßlegung tiefster Gründe geben eine Ahnung vom Prinzipiellen des Wachstums. Dem entspricht auch die materielle Beschaffenheit des Werks, seine reliefhaft überarbeiteten Partien aus warmen erdbraunen, grün und rot gemischten Tönen und die zarten, im Laufe der Jahre entstandenen Aufsprünge im Zentrum. Nicht zuletzt spiegelt der schichtenweise Einsatz verschiedener Techniken – Öl, Aquarell, Feder – das Prozesshafte des Schaffens. "Nicht Form, sondern Formung", so beschrieb Klee einmal die Aufgabe des Künstlers gegenüber seinen Bauhaus-Schülern. Diese Analogie zwischen natürlicher und künstlerischer Schöpfung, das Leitmotiv von Klees "Schöpferischer Konfession", wird im "Botanischen Theater" in programmatischer Form zum Bildgegenstand gemacht und weist dieses Gemälde damit als eine Inkunabel im reifen Schaffen Klees aus.

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.

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