Werktext
Paul Klee hat um 1920 in einer Reihe von Werken gewachsene und gebaute Strukturen zu einem rhythmischen Bildganzen verschmolzen. "Rosengarten" ist zweifellos das bedeutendste von ihnen. Bereits in dem für Klee so wichtigen Thema des Gartens ist das zweigesichtige Prinzip künstlicher, gestalteter Ordnung und des natürlichen, organischen Wachstums enthalten. Im "Rosengarten" bilden unregelmäßige schmale, von filigranen schwarzen Linien eingefasste Rechtecke, im Zentrum des Bildes auch zurückspringende Trapezformen, ein 'gemauertes' horizontales Zeilengefüge, das sich vollständig aus der Parzellierung der lebendigen, differenziert gegeneinander gesetzten Rottöne entwickelt. Die Rotschattierungen der kunstvoll arrangierten Natur überziehen auch die über das ganze Bild verteilten pavillonartigen Architekturen mit spitzen Dächern, in denen die horizontale Quaderung des Gartens lediglich um einige Grade gestrafft ist. Die rhythmisch verteilten Rosen mit ihren kugeligen, zu Spiralen gerollten Blütenköpfen – für Klee stets ein Symbol des Wachsens und Sprießens – ragen wie Notenköpfe auf geraden Stielen aus den horizontalen Bändern.
Tatsächlich steht für Klee die Konstruktion einer Landschaft durch graphisch präzise, quer geschichtete Strukturen häufig in Verbindung mit analogen Vorstellungen aus der Musik. In seinen Aufzeichnungen zum "Bildnerischen Denken" während der Bauhauszeit spricht Klee unter der Überschrift 'Kulturelle Rhythmen' von der "Taktstruktur als gliederndem Rhythmus in der Landschaft". Dieser Zusammenhang zwischen Musik und Malerei ist grundlegend für Klees Auffassung von den Konstruktionsgesetzen einer reinen, autonomen Malerei, um die sich auch Wassily Kandinsky bemühte.
Doch während für Kandinsky die. Analogiebildungen in einer intuitiv aufgefassten, malerischen Konstruktion des Bildes durch die "inneren Klänge" der Farben lagen, bedeuteten sie für Klee das Streben nach präzisen Formgesetzen. Dabei übertrifft die raum-zeitliche Bewegung, die im Bild als Polyphonie gleichberechtigter Stimmen möglich ist, für ihn sogar noch die Musik. Als Vorbild zitiert er in einem Tagebucheintrag von 1917 noch einmal die 'Simultankontraste' der "Fensterbilder" Robert Delaunays, die mit ihrer Veranschaulichung des bewegten Sehens auch für Franz Marc und August Macke zu einem Schlüsselerlebnis geworden waren: "Die polyphone Malerei ist der Musik dadurch überlegen, als das Zeitliche hier mehr ein Räumliches ist. Der Begriff der Gleichzeitigkeit tritt hier noch reicher hervor … Den Akzent in der Kunst nach dem Beispiel einer Fuge im Bild auf das Zeitliche zu verlegen, versuchte Delaunay durch die Wahl eines unübersehbar langen Formats."
Auch der "Rosengarten" könnte sich mit seinen melodischen Gefügen nach allen Seiten weiter ausdehnen; sicher ist, dass Klee dieses Werk, wie viele seiner frühen Bilder und Aquarelle, nach der Fertigstellung beschnitten hat, bis es den intendierten Ausschnitt zeigte.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Tatsächlich steht für Klee die Konstruktion einer Landschaft durch graphisch präzise, quer geschichtete Strukturen häufig in Verbindung mit analogen Vorstellungen aus der Musik. In seinen Aufzeichnungen zum "Bildnerischen Denken" während der Bauhauszeit spricht Klee unter der Überschrift 'Kulturelle Rhythmen' von der "Taktstruktur als gliederndem Rhythmus in der Landschaft". Dieser Zusammenhang zwischen Musik und Malerei ist grundlegend für Klees Auffassung von den Konstruktionsgesetzen einer reinen, autonomen Malerei, um die sich auch Wassily Kandinsky bemühte.
Doch während für Kandinsky die. Analogiebildungen in einer intuitiv aufgefassten, malerischen Konstruktion des Bildes durch die "inneren Klänge" der Farben lagen, bedeuteten sie für Klee das Streben nach präzisen Formgesetzen. Dabei übertrifft die raum-zeitliche Bewegung, die im Bild als Polyphonie gleichberechtigter Stimmen möglich ist, für ihn sogar noch die Musik. Als Vorbild zitiert er in einem Tagebucheintrag von 1917 noch einmal die 'Simultankontraste' der "Fensterbilder" Robert Delaunays, die mit ihrer Veranschaulichung des bewegten Sehens auch für Franz Marc und August Macke zu einem Schlüsselerlebnis geworden waren: "Die polyphone Malerei ist der Musik dadurch überlegen, als das Zeitliche hier mehr ein Räumliches ist. Der Begriff der Gleichzeitigkeit tritt hier noch reicher hervor … Den Akzent in der Kunst nach dem Beispiel einer Fuge im Bild auf das Zeitliche zu verlegen, versuchte Delaunay durch die Wahl eines unübersehbar langen Formats."
Auch der "Rosengarten" könnte sich mit seinen melodischen Gefügen nach allen Seiten weiter ausdehnen; sicher ist, dass Klee dieses Werk, wie viele seiner frühen Bilder und Aquarelle, nach der Fertigstellung beschnitten hat, bis es den intendierten Ausschnitt zeigte.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.