Werktext
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Jawlensky als ehemals russischer Leutnant sofort des Landes verwiesen und ging mit Marianne von Werefkin und seiner Gefährtin Helene Nesnakomoff in die Schweiz ins Exil. Bis 1917 installierten sie sich in einem Häuschen in St. Prex am Genfer See. Jawlensky berichtet darüber in seinen Erinnerungen: "In unsrer kleinen Wohnung dort hatte ich nur ein kleines Zimmer zum Arbeiten mit einem Fenster. Ich wollte meine gewaltigen stark farbigen Bilder malen, aber ich fühlte, ich konnte nicht. Meine Seele erlaubte mir diese sinnliche Malerei nicht, trotzdem in meinen Arbeiten viel Schönes ist … Ich saß vor meinem Fenster. Vor mir sah ich einen Weg, ein paar Bäume, und von Zeit zu Zeit sah man in der Entfernung einen Berg. Ich fing nun an, einen neuen Weg in der Kunst zu suchen. Es war eine große Arbeit … Meine Formate wurden kleiner: 30 x 40. Ich malte sehr viele Bilder, die ich 'Variationen über ein landschaftliches Thema' nannte. Sie sind Lieder ohne Worte …"
In der Tat beschritt Jawlensky mit den Variationen über die durch das Fenster gesehene Landschaft bei St. Prex neue Wege. Allein schon die rigorose Beschränkung auf ein einziges Thema verweist auf sein Bedürfnis nach Kontemplation und Versenkung, das sich von den Ablenkungen der äußeren Welt immer mehr zurückzieht. So sind auch die Landschaftsausschnitte vor seinem Fenster, der Blick auf die leicht abfallende Straße hinab zum See über einige Bäume und einen mit Stauden eingefassten Gartenweg nur vordergründig Abbilder des sichtbaren Motivs. In über hundert Arbeiten, die zum Teil noch bis 1921, lange nach seinem Weggang aus St. Prex, entstanden, variierte Jawlensky in verschwimmenden Farbkompositionen diesen Bildausschnitt, um zu seinem Kern vorzudringen.
"In harter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nach die richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was mein geistiges Ich verlangte. Jeden Tag malte ich diese farbigen Variationen, immer inspiriert von der jeweiligen Naturstimmung zusammen mit meinem Geist. Hier entstanden eine ganze Reihe meiner schönsten Variationen, die bis heute sehr wenigen Menschen bekannt sind." Auch seine Freunde aus dem Kreis des 'Blauen Reiter' standen diesem Wechsel in Jawlenskys Kunst zunächst befremdet gegenüber. Die Funktion der Natur als 'Schlüssel' zum Inneren des Künstlers ist es, die bei größter motivischer Beschränkung den Grad der Abstraktion in Jawlenskys Werk bestimmt.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
In der Tat beschritt Jawlensky mit den Variationen über die durch das Fenster gesehene Landschaft bei St. Prex neue Wege. Allein schon die rigorose Beschränkung auf ein einziges Thema verweist auf sein Bedürfnis nach Kontemplation und Versenkung, das sich von den Ablenkungen der äußeren Welt immer mehr zurückzieht. So sind auch die Landschaftsausschnitte vor seinem Fenster, der Blick auf die leicht abfallende Straße hinab zum See über einige Bäume und einen mit Stauden eingefassten Gartenweg nur vordergründig Abbilder des sichtbaren Motivs. In über hundert Arbeiten, die zum Teil noch bis 1921, lange nach seinem Weggang aus St. Prex, entstanden, variierte Jawlensky in verschwimmenden Farbkompositionen diesen Bildausschnitt, um zu seinem Kern vorzudringen.
"In harter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nach die richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was mein geistiges Ich verlangte. Jeden Tag malte ich diese farbigen Variationen, immer inspiriert von der jeweiligen Naturstimmung zusammen mit meinem Geist. Hier entstanden eine ganze Reihe meiner schönsten Variationen, die bis heute sehr wenigen Menschen bekannt sind." Auch seine Freunde aus dem Kreis des 'Blauen Reiter' standen diesem Wechsel in Jawlenskys Kunst zunächst befremdet gegenüber. Die Funktion der Natur als 'Schlüssel' zum Inneren des Künstlers ist es, die bei größter motivischer Beschränkung den Grad der Abstraktion in Jawlenskys Werk bestimmt.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.