Improvisation 6 (Afrikanisches) von Wassily Kandinsky

Details

Datierung
1909
Objektart
Gemälde
Material
Öl auf Leinwand
Maße
107 cm x 95,5 cm
Signatur / Beschriftung
u. l.: KANDINSKY. | 1909
Ausgestellt
In "Der Blaue Reiter"
Inventarnummer
GMS 56
Zugang
Schenkung 1957
Creditline
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957
Zitiervorschlag / Permalink
Wassily Kandinsky, Improvisation 6 (Afrikanisches), 1909, Öl auf Leinwand, 107 cm x 95,5 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957
https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/improvisation-6-afrikanisches-30018823
Tags

Werktext

Die "Improvisation 6 (Afrikanisches)" zeichnet sich gegenüber den ihr zeitlich nahe stehenden anderen 'Improvisationen' durch eine auf den ersten Blick klarere kompositionelle Ordnung und die genauere Definition einzelner Elemente aus. Ihr Thema, "Afrikanisches", geht mit einiger Sicherheit auf die Eindrücke der Tunisreise zurück, die Kandinsky mit Gabriele Münter zu Beginn des Jahres 1905 unternommen und die er damals in einer Fülle von Skizzen und "farbigen Zeichnungen" verarbeitet hatte.

Im Vordergrund des Bildes präsentieren sich zwei Figuren mit weiten kaftanartigen Gewändern und Turbanen, die linke steht dabei vor einem weißen Rechteck, das mit dem Kubus eines arabischen Hauses assoziiert werden kann. Die Gewänder der Figuren erlauben durch Öffnen und Schließen ein ornamentales Linienspiel, das durch die schmalen schwarzen Stege, in die die flüssigen Farben gleichsam eingeschmolzen sind, besonders betont wird. Kandinsky benutzt die ganze Skala von Grundfarben, deren leuchtendes Rot, Gelb, Blau und Grün dem matten Weiß in der linken Bildhälfte die Waage halten.

Auf der vorderen Zone liegt, ähnlich wie in "Improvisation 2 (Trauermarsch)", noch ein atmosphärischer Abglanz des Symbolismus – Kandinsky selbst hat die Symbolisten, besonders Arnold Böcklin und Giovanni Segantini, "Sucher des Geistigen im Materiellen" genannt –, in der stilisierten Linienführung mögen auch noch Einflüsse des Münchner Jugendstil nachklingen. Im Hintergrund jedoch werden die Formen immer undeutlicher; immer unruhiger mischen sich die entgrenzten Farben und erlauben keine gegenständliche Entschlüsselung mehr. Wahrscheinlich sind die beiden geduckten Formen hinter den Figuren ebenfalls als Personen zu deuten.

Auch in solch einer vergleichsweise wenig abstrakten, objektivierbaren 'Improvisation' sucht Kandinsky offensichtlich die Gegenstände teilweise zu verbergen, damit ihr "innerer Klang" neben dem äußeren, gegenständlichen Motiv zum Tragen kommt. Einige Jahre später wird er schreiben: "Ich löste also auf demselben Bild die Gegenstände mehr oder weniger auf, damit sie nicht alle auf einmal erkannt werden können und damit diese Mitklänge allmählich, der eine nach dem anderen, vom Beschauer erlebt werden können."

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.

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