Nach dem Expressionismus

Nach dem Expressionismus

Für die Kunst der Weimarer Republik hat sich heute allgemein der Begriff "Neue Sachlichkeit" durchgesetzt. Er stammt von dem Mannheimer Museumsdirektor Gustav F. Hartlaub, der verschiedene realistische Positionen wie Verismus und Klassizismus unter dieser Bezeichnung zusammenfasste und 1925 in der Ausstellung "Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus" zeigte.

Im selben Jahr machte der in München lebende Kunsthistoriker und Künstler Franz Roh einen Alternativvorschlag. Er veröffentlichte das Buch "Nach-Expressionismus – Magischer Realismus: Probleme der neuesten europäischen Malerei", das sich der Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg widmete. Roh fiel es weniger leicht, einen alles verbindenden Namen für die neuen Tendenzen zu finden: Er verwarf die Bezeichnungen "idealer Realismus", "Verismus" und "Neuklassizismus" und entschied sich für "Nachexpressionismus", um die zeitliche Abhängigkeit zu beschreiben. Schließlich wählte er auch noch die schwer definierbare Formulierung "Magischer Realismus", um die Vielfalt der aktuellen figürlichen Malerei zusammenzufassen. Mit der Konzentration auf gegenständliche Positionen, seien sie realistisch oder magisch, wurde jedoch auch ein großer Teil der Kunst der Zeit ausgeblendet.

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte in Deutschland die Kunstentwicklung der Avantgarde zu einem abrupten Halt gebracht, so auch die Gruppe des Blauen Reiter. Die russischen Mitglieder Wassily Kandinsky, Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin mussten als feindliche Ausländer das Land innerhalb kürzester Zeit verlassen, andere wie August Macke und Franz Marc fielen im Krieg. Die Erfahrung der Schrecken des Krieges führte zu einer Revision der künstlerischen Haltung bei den Überlebenden. Zutiefst erschüttert distanzierten sich viele Künstler von den formalen Innovationen der Avantgarde wie Kubismus, Expressionismus und Abstraktion und konzentrierten sich auf eine nüchtern-realistische Wiedergabe der Wirklichkeit. Andere bauten wiederum auf den Errungenschaften der Vorkriegszeit auf und entwickelten sie weiter: Das Bauhaus vereinigte abstrakte Tendenzen mit neuen Gestaltungsprinzipien, Expressionismus verband sich mit Realismus, Dadaismus und Surrealismus lieferten eigene Spielarten des Figürlichen, und die kosmopolitische Künstlerinitiative "Abstraction-Création", zu deren Mitgliedern Kandinsky und Jean Hélion zählten, stärkte die abstrakte und konkrete Kunst.

Unsere Auswahl zeigt Hauptwerke aus der Sammlung des Lenbachhauses von 1918 bis in die 1940er Jahre, von deutschen und internationalen Künstlern, die nur selten gezeigt werden können und zum Teil schon lange nicht mehr zu sehen waren. Sie spiegeln exemplarisch die außergewöhnliche Bandbreite der Bildsprachen und Themen dieser Epoche.