Alfred Kubin wurde am 10. April 1877 im nordböhmischen Leitmeritz (Litoměřice) an der Elbe als Sohn eines k. u. k. Landvermessers geboren, zwei Jahre später zog die Familie in die österreichischen Kernlande um. Nach erfolglosem Besuch des Gymnasiums und der Staatsgewerbeschule in Salzburg begann er mit 15 Jahren eine Fotografenlehre bei einem Onkel in Klagenfurt, die er drei Jahre später nach einem Selbstmordversuch am Grab seiner Mutter abbrach. Nach einem weiteren psychischen Zusammenbruch beim Militär ging Kubin 1898 zum Studium der Kunst nach München. Hier kam es 1899 zu der entscheidenden Begegnung mit Max Klingers Radierzyklus "Paraphrase über den Fund eines Handschuhs", der Kubin nach eigener Aussage in einem krisenhaften Schub einen "Sturz von Visionen schwarz-weißer Bilder" sehen ließ und zur Findung der eigenen Ausdruckswelt seines albtraumhaft-fantastischen Frühwerks führte. Bis 1904 entstanden Hunderte Blätter dieser Art in einer speziellen Technik der lavierten und gespritzten Tuschfederzeichnung. Die 1903 erschienene Hans-von-Weber-Mappe mit Reproduktionen seiner provozierenden Zeichnungen machte Kubin weiter bekannt.
Im Januar 1904 lud ihn Wassily Kandinsky auf die 9. Ausstellung der Künstlervereinigung "Phalanx" ein, wo Kubin eine Kollektion von 30 Blättern zeigen konnte. Kurz darauf heiratete er Hedwig Gründler, die Schwester des Schriftstellers Oscar A. H. Schmitz, 1906 zogen beide von München nach Zwickledt in Oberösterreich um. Hier schrieb Kubin im Herbst 1908 den Roman "Die andere Seite" nieder und versah ihn mit Illustrationen. In ihnen ist der fließende, schwarz-weiße Federzeichnungsstil ausgebildet, der für sein gesamtes weiteres Schaffen charakteristisch bleibt. 1909 trat er der "Neuen Künstlervereinigung München" bei und vollzog im Dezember 1911 die Gründung des "Blauen Reiter" mit. Schon 1910 suchte er den Kontakt zu Paul Klee in München und tauschte mit ihm Zeichnungen aus. Auf der 2. Ausstellung des "Blauen Reiter" 1912 war Kubin mit der beachtlichen Anzahl von elf Blättern vertreten.
In seiner zweiten Lebenshälfte schuf Kubin in Zwickledt unter anderem ein umfangreiches Werk als Buchillustrator und Gestalter zahlreicher Mappenwerke. Zunehmend gingen die Motive seiner ländlichen Umgebung und auch des Böhmerwalds, den er als Aufenthaltsort für sich entdeckte, in seine Motive ein. Zudem unterhielt er einen umfangreichen Briefwechsel mit Künstlern und Schriftstellern seiner Zeit, wie Salomon Friedlaender, Hermann Hesse, Hans Carossa und Ernst Jünger. Kubin starb am 20. August 1959 in Zwickledt.
Bestandskatalog Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München, 2013.