Werktext
In großer Schaffenslust setzte sich Macke während seines Tegernseer Jahres immer wieder mit den Motiven seiner nächsten Umgebung auseinander. Das begrenzte thematische Spektrum dieser Schaffensperiode – Landschaft, Stillleben, die menschliche Figur, Ausschnitte aus seinem Garten oder Wohnhaus – kam so zur vollen Entfaltung. Wiederholt nahm sich Macke auch die Dorfkinder seiner Nachbarschaft als Modelle, neben dem "Tegernseer Bauernjungen" malte er zu Beginn des Jahres 1910 das ebenfalls im Lenbachhaus befindliche "Bauernmädchen mit Strohhut" sowie die Tochter des Dorfschmiedes mit ihrer Puppe.
Das neue Stilwollen, das in diesen Bildnissen zum Ausdruck kommt, ist nicht denkbar ohne den entscheidenden Einfluss von Henri Matisse, der Macke in dieser Zeit nachhaltig zu beschäftigen begann. Ende Januar 1910 war Macke nach München gefahren, um eine Ausstellung mit Bildern von Matisse in der Galerie Thannhauser zu sehen. Als einer der ersten deutschen Künstler erkannte er die außerordentliche Bedeutung dieses Malers, der ihm nun wichtiger als die Kunst des Impressionismus und Nachimpressionismus wurde und in dem er offenbar eine verwandte Natur erblickte. Das Gefühl für das prachtvolle Blühen der Farbe, aber auch die souveräne Entfaltung des Gegenstandes auf der Bildfläche sowie die Einfachheit der Bildthemen mussten Macke besonders anziehen.
Doch anders als Matisse mit seinen ausdrucksstarken, fauvistisch 'wilden' Porträts erfasst Macke den Knaben zurückhaltend und beinahe stilllebenhaft. In heimischer Tracht mit Janker sitzt die großzügig gegliederte Gestalt des Jungen in einer kaum mehr räumlich definierten Position im Bild. Sein frisches Gesicht blickt mit vorgeschobener Unterlippe etwas finster drein, wohl wegen des Stillhaltens während der Porträtsitzung. Besonders dieses Gesicht mit den lebendigen braunen Augen hebt sich klar vom lichtblauen Hintergrund ab. Noch verzichtet Macke nicht ganz auf den konventionellen Schlagschatten der Figur, der bei Matisse von der Herrschaft der Farbe abgelöst wird. Doch mit der Einfachheit der Bildelemente und der Entwicklung von dichten, flächigen Farbfiguren fühlte er sich seinem großen Vorbild verpflichtet. "Mir ist er rein nach meinem Instinkt der sympathischste der ganzen Bande …", schreibt er 1910 über Matisse und die Fauves an seine Schwiegermutter: "Ein überaus glühender, von heiligem Eifer beseelter Maler. Dass er ein ganz einfacher Mensch sein soll, ist mir sehr einleuchtend. Ich habe ihn mir nie anders gedacht."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Das neue Stilwollen, das in diesen Bildnissen zum Ausdruck kommt, ist nicht denkbar ohne den entscheidenden Einfluss von Henri Matisse, der Macke in dieser Zeit nachhaltig zu beschäftigen begann. Ende Januar 1910 war Macke nach München gefahren, um eine Ausstellung mit Bildern von Matisse in der Galerie Thannhauser zu sehen. Als einer der ersten deutschen Künstler erkannte er die außerordentliche Bedeutung dieses Malers, der ihm nun wichtiger als die Kunst des Impressionismus und Nachimpressionismus wurde und in dem er offenbar eine verwandte Natur erblickte. Das Gefühl für das prachtvolle Blühen der Farbe, aber auch die souveräne Entfaltung des Gegenstandes auf der Bildfläche sowie die Einfachheit der Bildthemen mussten Macke besonders anziehen.
Doch anders als Matisse mit seinen ausdrucksstarken, fauvistisch 'wilden' Porträts erfasst Macke den Knaben zurückhaltend und beinahe stilllebenhaft. In heimischer Tracht mit Janker sitzt die großzügig gegliederte Gestalt des Jungen in einer kaum mehr räumlich definierten Position im Bild. Sein frisches Gesicht blickt mit vorgeschobener Unterlippe etwas finster drein, wohl wegen des Stillhaltens während der Porträtsitzung. Besonders dieses Gesicht mit den lebendigen braunen Augen hebt sich klar vom lichtblauen Hintergrund ab. Noch verzichtet Macke nicht ganz auf den konventionellen Schlagschatten der Figur, der bei Matisse von der Herrschaft der Farbe abgelöst wird. Doch mit der Einfachheit der Bildelemente und der Entwicklung von dichten, flächigen Farbfiguren fühlte er sich seinem großen Vorbild verpflichtet. "Mir ist er rein nach meinem Instinkt der sympathischste der ganzen Bande …", schreibt er 1910 über Matisse und die Fauves an seine Schwiegermutter: "Ein überaus glühender, von heiligem Eifer beseelter Maler. Dass er ein ganz einfacher Mensch sein soll, ist mir sehr einleuchtend. Ich habe ihn mir nie anders gedacht."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.