Werktext
Auf der 1. Ausstellung des 'Blauen Reiter' zeigte Wladimir Burljuk zwei Werke, eine "Porträtstudie" und ein in der Katalogliste "Landschaft" genanntes Bild. Während die "Porträtstudie" durch die Abbildung im Katalog und den Abgleich mit einer der historischen Fotos, die Gabriele Münter 1911/12 von den Ausstellungsräumen in der Galerie Thannhauser gemacht hat, leicht zu identifizieren ist, gibt im Fall der "Landschaft" ein fragmentarischer Aufkleber von der 1. Ausstellung des 'Blauen Reiter' auf der Rückseite des heute im Lenbachhaus befindlichen Bildes "Die Bäume" den entscheidenden Hinweis, dass es sich um die damals ausgestellte "Landschaft" handeln dürfte. Darauf weist auch die Provenienz dieses Gemäldes aus dem Nachlass von Franz Marc hin, der das Werk nach der Münchner Ausstellung direkt vom Künstler erworben haben dürfte. Ein weiterer Zettel auf der Rückseite nennt in kyrillischer Schrift neben dem Künstlernamen auch den Originaltitel: "Wladimir Burljuk Die Bäume".
Das Bild zeigt einen weitgehend abstrahierten Landschaftsausschnitt in dunklen Grün-, Blau- und Schwarztönen, die kantig gebrochenen Figuren einiger Bäume sind nah in den Vordergrund gerückt und durch den wechselnden Farbauftrag zwischen Körper und Fläche definiert. Dieser nahezu rohe, 'primitive' Einsatz der Stilmittel des frühen Kubismus ist typisch für Burljuks Malerei jener Zeit und zeichnet auch seine "Porträtstudie" aus mit dem provozierend leeren Gesichtsfeld, das durch eine nach innen gezogene Rautenform ersetzt ist. Auch innerhalb der russischen Kunstszene nahmen die Brüder Burljuk eine Zwischenstellung ein zwischen der 'westlich' orientierten Kubismus-Rezeption und der Besinnung auf eine eigene, bewusst 'primitive' bäuerliche und volkstümliche Tradition.
Dies äußert sich auch in ihren theoretischen Schriften, etwa in ihrem Grußwort zum Katalog der 2. Ausstellung der 'Neuen Künstlervereinigung München': Die russische Avantgarde, so heiße es allgemein, sei überfremdet von der französischen Moderne. "Es ist aber nur scheinbar so. Die französische Kunst ist uns tatsächlich verwandt und verständlich. Das Hyperbolische der Linie und der Farbe, das Archaische, die Vereinfachung – Synthese – ist ja vollkommen in der schöpferischen Seele unseres Volkes vorhanden. Man erinnere sich nur an unsere Kirchenfresken, an unsere Volksblätter (Lubki), Heiligenbilder (Ikóni) und schließlich an die wundervolle Märchenwelt der skythischen Plastiken, an schreckliche Götzen, welche in der Rohheit ihrer nirgend sonstwo gesehenen Form überzeugend sind und echte, monumentale Größe offenbaren. An dieser monumentalen Größe können sich nur die ältesten Schöpfungen halbwilder Völker einigermaßen messen."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2013.
Das Bild zeigt einen weitgehend abstrahierten Landschaftsausschnitt in dunklen Grün-, Blau- und Schwarztönen, die kantig gebrochenen Figuren einiger Bäume sind nah in den Vordergrund gerückt und durch den wechselnden Farbauftrag zwischen Körper und Fläche definiert. Dieser nahezu rohe, 'primitive' Einsatz der Stilmittel des frühen Kubismus ist typisch für Burljuks Malerei jener Zeit und zeichnet auch seine "Porträtstudie" aus mit dem provozierend leeren Gesichtsfeld, das durch eine nach innen gezogene Rautenform ersetzt ist. Auch innerhalb der russischen Kunstszene nahmen die Brüder Burljuk eine Zwischenstellung ein zwischen der 'westlich' orientierten Kubismus-Rezeption und der Besinnung auf eine eigene, bewusst 'primitive' bäuerliche und volkstümliche Tradition.
Dies äußert sich auch in ihren theoretischen Schriften, etwa in ihrem Grußwort zum Katalog der 2. Ausstellung der 'Neuen Künstlervereinigung München': Die russische Avantgarde, so heiße es allgemein, sei überfremdet von der französischen Moderne. "Es ist aber nur scheinbar so. Die französische Kunst ist uns tatsächlich verwandt und verständlich. Das Hyperbolische der Linie und der Farbe, das Archaische, die Vereinfachung – Synthese – ist ja vollkommen in der schöpferischen Seele unseres Volkes vorhanden. Man erinnere sich nur an unsere Kirchenfresken, an unsere Volksblätter (Lubki), Heiligenbilder (Ikóni) und schließlich an die wundervolle Märchenwelt der skythischen Plastiken, an schreckliche Götzen, welche in der Rohheit ihrer nirgend sonstwo gesehenen Form überzeugend sind und echte, monumentale Größe offenbaren. An dieser monumentalen Größe können sich nur die ältesten Schöpfungen halbwilder Völker einigermaßen messen."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2013.