Restitution zweier
Zeichnungen

Das Lenbachhaus hat zwei Zeichnungen der Künstlerbrüder Olivier restituiert

Das Münchner Kulturreferat hat gemeinsam mit dem Lenbachhaus am 29. Oktober 2019 zwei Zeichnungen der Künstlerbrüder Friedrich und Ferdinand Olivier aus dem eigenen Sammlungsbestand restituiert. Proaktive Recherchen des Lenbachhauses in Kooperation mit der Albertina in Wien haben ergeben, dass die beiden Blätter Dr. Marianne Schmidl (1890–1942) im Jahr 1939 NS-verfolgungsbedingt entzogen worden waren.

Die Landeshauptstadt München bezieht diesbezüglich eine klare Position: Das Unrecht, das während des "Dritten Reichs" begangen wurde, darf sich nicht wiederholen. Die öffentliche Hand setzt sich daher nachdrücklich für die Restitution von Kulturgut an die ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. ihre rechtmäßigen Erben ein. Grundlage für die Rückgabe der beiden Zeichnungen sind die Grundsätze der Washingtoner Konferenz von 1998, in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden. Der Kulturausschuss des Stadtrates der Landeshauptstadt München hat am 2. Mai 2019 die Restitution beschlossen.

Bei den Blättern handelt es sich um eine Bleistiftzeichnung "An der Isar" von Friedrich Olivier (1791–1859) sowie um eine Kreidezeichnung mit dem Titel "Landschaftskomposition" von Ferdinand Olivier (1785–1841). Das Lenbachhaus hat die zwei Zeichnungen im April 1939 auf einer Auktion des Kunst- und Buchantiquariats von C. G. Boerner in Leipzig erworben. Ursprünglich stammen die beiden Kunstwerke aus der Sammlung von Dr. Marianne Schmidl, einer Urenkelin von Friedrich von Olivier. Marianne Schmidl wurde 1890 in Berchtesgaden geboren, wuchs in Wien auf und promovierte 1915 als erste Frau an der Universität Wien im Fach Ethnologie. Anschließend war sie in völkerkundlichen Museen tätig, bevor sie ab 1921 als Bibliothekarin an der Österreichischen Nationalbibliothek arbeitete. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde sie aufgrund der jüdischen Abstammung ihres Vaters von den Nationalsozialisten verfolgt und schließlich am 1. Oktober 1938 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Damit wurde ihr jede finanzielle Lebensgrundlage genommen. Die von den Nationalsozialisten eingeführten antijüdischen Sondersteuern verschärften ihre finanzielle Situation, so dass sich Marianne Schmidl 1939 gezwungen sah, die seit langer Zeit im Familieneigentum befindlichen Kunstwerke zu veräußern. Dazu gehörten auch die beiden nun restituierten Werke. Obwohl ihre Familie und Freunde ihr eine lebensrettende Emigration ans Herz legten, war Marianne Schmidl dies, nicht zuletzt aufgrund mangelnder finanzieller Mittel, unmöglich. Eine offizielle Auswanderung war schließlich nach dem Beschluss vom 23. Oktober 1941, mit dem ein Ausreiseverbot für die jüdische Bevölkerung erlassen wurde, ausgeschlossen. Am 9. April 1942 wurde Marianne Schmidl nach Izbica, Polen, deportiert. Izbica diente als Transitghetto, bevor die Deportierten in Vernichtungslager, hauptsächlich nach Bełżec oder Sobibór, verschleppt wurden. Ihr weiteres Schicksal, die Umstände und das genaue Datum ihres Todes sind nicht bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Marianne Schmidl auf Antrag einer ihrer Nichten durch Beschluss des Landesgerichtes Wien vom 12. Mai 1950 "für tot erklärt".

Nach Abschluss der Recherchen zur Provenienz konnten mit Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien die rechtmäßigen Erben nach Dr. Marianne Schmidl ermittelt werden. Gemeinsam mit den Nachkommen wurde sodann eine faire und gerechte Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien gefunden und die vorgenannten Kunstwerke an die rechtmäßigen Erben restituiert.

Pressemitteilung vom 29. Oktober 2019