Restitution eines Gemäldes
von Philipp Röth
Am 30. März 2012 restituierte die Städtische Galerie im Lenbachhaus München das Gemälde "Abend in Gern (Bauernhaus bei Gern)", 1897 von Philipp Röth (1841-1921) über die Kanzlei von Trott zu Solz-Lammek, Berlin an die gemeinnützige Bona Terra-Stiftung, Genf, als Erbin von Dr. Max Meirowsky.
Grundlage der Prüfung der im April 2011 bei der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München eingegangenen Restitutionsforderung des oben genannten Bildes war die Handreichung zur Umsetzung der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz vom Februar 2001. Die Stadt München hat sich 1999 zum Washingtoner Abkommen bekannt und sich damit verpflichtet, gemäß der 2001 herausgegebenen Handreichung Rückerstattungsanfragen zu prüfen und eine für alle Beteiligten einvernehmliche und faire Lösung zu finden.
Das Gemälde "Abend in Gern (Bauernhaus bei Gern)" von Philipp Röth war von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München auf der Auktion vom 18.11.1938 bei H.W. Lange in Berlin erworben worden. Nach Ausbruch des Krieges wurde das Bild 1941 zusammen mit großen Teilen der Kunstsammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in ein Ausweichlager in Sicherheit gebracht. Von dort gelangte es nach dem Krieg laut einer Bestandsaufnahme aus dem Jahr 1948 gemeinsam mit den anderen ausgelagerten Kunstgegenständen der Städtischen Galerie zum Collecting Point der Militärregierung in München und erhielt dort als Kennung die Münchner Nummer 21387. Im März 1949 kehrte das Gemälde schließlich mit den übrigen zahlreichen Kunstwerken aus dem Collecting Point wieder ins Lenbachhaus zurück. Die ehemals jüdische Provenienz des Bildes hatte im Collecting Point damals offenbar nicht geklärt werden können.
Die geprüften historischen Fakten und Dokumente beweisen eindeutig, dass es sich bei dem zurückgeforderten Gemälde und dem oben genannten Bild aus der Sammlung des Lenbachhauses um ein und dasselbe handelt. Weiterhin bezeugen sie, dass sich das Gemälde noch 1938 im Eigentum des in Berlin lebenden jüdischen Industriellen und Kunstsammlers Dr. Max Meirowsky befand, der es nicht freiwillig, sondern verfolgungsbedingt über das Auktionshaus H.W. Lange in Berlin verkaufen musste. Die Sammlung Max Meirowskys umfasste Werke von Menzel, van Gogh, Renoir, Monet, Gauguin und Pissarro, bis er 1938 gezwungen war, seinen gesamten Hausstand einschließlich der noch verbliebenen Kunstsammlung aufzulösen, um über Amsterdam nach Genf auswandern zu können. Die von ihm abverlangte "Reichsfluchtsteuer" und die Einziehung des in Deutschland noch vorhandenen Bankguthabens machten es für ihn unmöglich, über sein Vermögen zu verfügen. Er starb 1949 in der Schweiz.
Es gab demnach keinen Zweifel, dass die Provenienz des Gemäldes von Philipp Röth unter das Washingtoner Abkommen fällt und wir freuen uns, dass dieser Sachverhalt so eindeutig geklärt werden konnte. Mit der Rückgabe des Gemäldes an die Bona Terra-Stiftung als Erbin des rechtmäßigen Eigentümers Dr. Max Meirowsky restituiert das Lenbachhaus ein weiteres Werk aus seiner Sammlung.
Veröffentlicht am 30. März 2012