Favoriten unserer Besucher

von Daniel Oggenfuss.

Im Rahmen der Ausstellung "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" wurden die verschiedenen großformatigen Holzschnitte von Franz Gertsch aus der Sammlung des Lenbachhauses gesichtet, dokumentiert und teilweise restauriert. Der Holzschnitt Natascha IV, entstanden 1987/88, ist noch bis Anfang Januar in der Ausstellung zu sehen und gehört bereits zu den Favoriten der Ausstellungsbesucher.

Franz Gertsch geb. 1930 und bekannt geworden durch großformatige, hyperrealistische Figurengemälde in Acryl oder Tempera, begann 1987 in der Technik des Holzschnitts zu arbeiten. Inhaltlich bedeutet die Überdimensionierung des Motivs und gleichzeitige Reduktion der Farbe für Franz Gertsch auch eine „Entmaterialisierung des Gegenständlichen“ die in die Abstraktion führt (zitiert nach Franz Gertsch – Die Holzschnitte. Ausst. Kat. Kunstmuseum Bern 1994).

Der technische Reiz der Holzschnitte liegt in ihrem aufwendigen Herstellungsprozess und den dafür verwendeten Materialien. Als Vorlage dient Gertsch immer eine Photographie, die auf den in dunkler Farbe eingefärbten Druckstock aus Lindenholz (bei Natascha IV 123,5 x 182 cm) projiziert wird. Das Schneiden der Holzplatte ist eigentlich eher ein punktuelles Setzen von Lichtpunkten mit dem Hohleisen; Franz Gertsch bezeichnet diese Platte entsprechend auch als „Lichtzeichnung“.

Für Natascha IV wurde eine Plattenfolge aus drei Platten gedruckt. Als erste Platte die „Lichtzeichnung“, danach eine Platte mit transparenter Farbe, um die plastische Wirkung zu verstärken, und zuletzt wurde noch eine Silhouettenplatte darübergelegt.

Bei den verwendeten Farben handelt es sich um reine Mineralfarben, die sich u.a. durch einen hohen Härtegrad auszeichnen. Für den Druck werden die Pigmente in Transparentweiß– einer farblosen Farbe auf Öllackbasis – gebunden und damit die Druckplatte in mehreren Schichten eingefärbt.

Als Papierträger dient ein Papier japanischer Herstellung von höchster Qualität. Das sogenannte Kumohadashi Papier, in der Provinz Fukui in Japan durch den berühmten Papiermacher Heizoburo Iwano geschöpft, erfüllt genau die technischen Anforderungen an die Drucke von Franz Gertsch. Das Papier ist durch seine Herstellungsweise absolut alterungsbeständig, leicht und gleichzeitig sehr widerstandsfähig und die Oberfläche ist so opak, wie es für einen guten Druck notwendig ist.

Zum eigentlichen Druck wird das Papier über eine Kartonrolle auf die eingefärbte Druckplatte abgerollt und danach von der Rückseite erst mit einer Glaslinse und danach einem Suppenlöffel im Druckbereich gerieben und durchgearbeitet (frotter à cuillère). Es entsteht ein sogenannter Reiberdruck.

Wie die Ausreizung der technischen Möglichkeiten bedeutet der Umgang mit den Holzschnitten von Franz Gertsch auch für das Museumsteam bei jeder Hängung eine Herausforderung. Die Größe der Blätter erfordert bei jeder Bewegung einen sehr sorgfältigen und koordinierten Umgang, um Schäden wie Knicke etc. zu vermeiden. Da die Objekte offen und ohne Rahmen mit Reißzwecken an die Wand gepinnt werden, ist auch bei der Montage ein erhebliches Gefahrenpotential vorhanden. Um ein Ausreißen der immer wieder verwendeten Löcher zu vermeiden, wurden im Zuge der Hängung im Kunstbau diese rückseitig mit einem Japanpapier gleicher Qualität verstärkt. Außerdem wurden an die Wand sowie auf die Auflage der Reißzwecken ein Vlieskarton angebracht, um zusätzliche Druckstellen zu vermeiden.

Daniel Oggenfuss ist Diplomrestaurator mit Spezialgebiet Arbeiten auf Papier, Fotografie und Neue Medien.