Dan Flavin und die Taten des Lichts

von Ksenija Protic.

Mit keiner Stadt außerhalb der USA war Dan Flavin so intensiv verbunden wie mit München. Es beginnt 1968 mit seiner ersten Ausstellung in der Galerie Heiner Friedrich – einer seiner ersten in Europa überhaupt – und spannt sich als weiter Bogen mit vielen Stationen, geknüpft aus seiner Beziehung zum Ort und den Menschen, über die Eröffnungsausstellung im Kunstbau 1994¹ bis in unsere Gegenwart. So erklärt sich auch, dass das Lenbachhaus durch eine Schenkung im seltenen Besitz eines der bedeutenden Kunstwerke der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist: „Untitled (for Ksenija)“, eine für den Kunstbau geschaffene Lichtinstallation. Industriell gefertigte, profane Leuchtstoffröhren verwandeln die monumentale Architektur des unterirdischen Kunstbaus in eine begehbare Lichtskulptur und die Wände scheinen sich in farbiges Licht aufzulösen – transparent wie das Blau des Himmels – gestalteter Raum und Unendlichkeit zugleich.

Der Bogen von Flavins Verbundenheit mit München spannt sich bis in den Chiemgau: dass Flavin diese Landschaft und ihr Licht liebte, wissen wohl nur wenige. 2011 wird in Traunreut DASMAXIMUM KunstGegenwart eröffnet, ein Museum mit Hauptwerken zeitgenössischer Kunst. Mit „European Couples“ (1966-71) wird in einem eigenen Gebäude eines seiner ersten und zentralen Werke gezeigt. Es vereint, zu Quadraten angeordnet und für Raumecken konzipiert, Rot, Gelb, Blau, Grün, Pink und vier Weißtöne und wird ausschließlich an diesem Ort vollständig und dauerhaft ausgestellt. Künstliches Licht und Tageslicht, das Flavin so oft in seine Arbeit einbezogen hat, verbinden sich zu einer untrennbaren Einheit. Die Serie wird ergänzt durch eine der frühesten und eine der späten Serien aus den Jahren 1963/64 und 1995. Kaum sonst irgendwo sind die Weite von Flavins Schaffen und das Geheimnis der „Taten des Lichts“ umfassender erlebbar als in der Intimität des alten Schulhauses in Traunreut und in der monumentalen Architektur des Kunstbaus in München.

In Traunreut werden in einem ehemaligen Industriekomplex Entwicklungen der Gegenwartskunst exemplarisch und auf große Werkgruppen konzentriert gezeigt: außer Flavin – John Chamberlain, Walter De Maria, Andy Warhol; Georg Baselitz, Imi Knoebel, Uwe Lausen, Maria Zerres dauerhaft, in eigenen Künstlerräumen, in Ruhe und in lebendigem Tageslicht.

Im Dream House Polling: La Monte Young und Marian Zazeela: die zeitgleich mit Flavin ihr ikonografisches Werk durch Lichtskulpturen erweiterte. In ihrem gemeinsam erschaffenen Kunstwerk – dem Dream House – sind die Grenzen zwischen bildender Kunst und Musik aufgehoben und zu einer Einheit aus Klang und Licht verwoben. Dass München mit seinen großen Sammlungen und Oberbayern nun den europaweit bedeutendsten Schwerpunkt zeitgenössischer amerikanischer Kunst beherbergen, sei am Rande vermerkt.

LenbachhausPinakothek der ModerneSchloss HerrenchiemseeDASMAXIMUM: Intensiver ist Dan Flavin diesen Sommer nirgendwo zu erleben. Damit das immer so bleibt: Der Kunstbau hat 1994 mit Dan Flavin seine Bestimmung gefunden. Er müsste immer leuchten!

Ksenija Protic, DASMAXIMUM KunstGegenwart und Kunst im Regenbogenstadl Dream House Polling

Literatur:
¹ Nachzulesen in: Ausst. Kat. Dan Flavin, Kunstbau Lenbachhaus München, Architektur Uwe Kiessler, Hrsg. Helmut Friedel, München 1994.