Werktext
Das "Porträt mit Äpfeln" schuf Macke zu Beginn seines über einjährigen Aufenthaltes in Tegernsee, wo er sich Ende Oktober 1909 mit seiner jungen Frau niedergelassen hatte. Diese Zeit wurde für Mackes künstlerische Entwicklung zur ersten Durchbruchphase. Hier klären sich wichtige Linien seines Frühwerks ab, hier werden die Einflüsse, die Macke während seiner kurzen Studienjahre seit 1905 empfangen hatte, insbesondere auf den Pariser Reisen, in vielen Werken stringent weiterverarbeitet, darunter allein über 150 Gemälde sowie zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen.
Neben Naturmotiven aus der näheren Umgebung des Tegernsees war Mackes schöne junge Frau Elisabeth Gerhardt ein besonderer Gegenstand seiner künstlerischen Inspiration. Elisabeth war nicht nur seit Mackes frühen Malversuchen sein bevorzugtes Modell und die beinahe einzige individuell Porträtierte unter seinen Frauendarstellungen, sondern sie wurde, gleichsam als Inkarnation seines Frauenbildes, in einer Vielzahl seiner Werke zum Prototyp der weiblichen Figur schlechthin. Ihr "Porträt mit Äpfeln" verrät mit seinen weich schwingenden Konturen, dem malerischen Volumen der delikat nebeneinander gesetzten großen Farbflächen und dem geschlossenen, ruhigen Aufbau erste Meisterschaft. Frontal und annähernd symmetrisch steht die Halbfigur der schwangeren Frau vor braunschwarzem Hintergrund, in den Händen hält sie einen Teller mit Äpfeln. Im sanft von vorn einfallenden Licht sind ihr stilles Gesicht mit den niedergeschlagenen Augen, der gelbliche geraffte Vorhang rechts, das mattweiße Tuch über ihren Schultern und die Rundung der Büste weich und gleichmäßig modelliert.
Formal knüpft Macke mit diesem Bild ganz offensichtlich an das Spätwerk Paul Cezannes an, auf das er kurz zuvor während seines dritten Parisaufenthaltes von Carl Hofer aufmerksam gemacht worden war. Besonders der Teller mit den roten und gelben Äpfeln, deren Materie allein aus Farbsubstanz zu bestehen scheint und die von den noch etwas unsicher gezeichneten Händen der Frau wie ein Stillleben präsentiert werden, bezieht sich mit großer Deutlichkeit auf das Vorbild. Die ausgewogene Anordnung aller Teile, die 'Gesamtharmonie', der sich einer Äußerung Mackes von 1910 zufolge Farbe und Form, Figur und Umgebung unter einer einheitlichen Empfindung einzugliedern haben, wird zu einem Grundzug seiner Kunst. Hier wie auch in späteren Bildern, etwa von Spaziergängern oder Zeitungslesern, speist sich diese Harmonie zu einem nicht geringen Teil aus der stillen Versunkenheit der dargestellten Figuren. In den Tegernseer Bildern hat Macke Elisabeth häufig lesend, nähend, später das Kind haltend, dabei stets mit gesenktem Kopf dargestellt, was die abgeschiedene Konzentration der Bilder noch erhöht. Macke schätzte das "Porträt mit Äpfeln" besonders. 1912 zeigte er es auf der großen 'Sonderbund'-Ausstellung in Köln, wo es sich sein Onkel Bernhard Koehler für seine Sammlung auswählte. Durch die Stiftung seines Sohnes Bernhard Koehler jr. gelangte es in die Städtische Galerie im Lenbachhaus.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Neben Naturmotiven aus der näheren Umgebung des Tegernsees war Mackes schöne junge Frau Elisabeth Gerhardt ein besonderer Gegenstand seiner künstlerischen Inspiration. Elisabeth war nicht nur seit Mackes frühen Malversuchen sein bevorzugtes Modell und die beinahe einzige individuell Porträtierte unter seinen Frauendarstellungen, sondern sie wurde, gleichsam als Inkarnation seines Frauenbildes, in einer Vielzahl seiner Werke zum Prototyp der weiblichen Figur schlechthin. Ihr "Porträt mit Äpfeln" verrät mit seinen weich schwingenden Konturen, dem malerischen Volumen der delikat nebeneinander gesetzten großen Farbflächen und dem geschlossenen, ruhigen Aufbau erste Meisterschaft. Frontal und annähernd symmetrisch steht die Halbfigur der schwangeren Frau vor braunschwarzem Hintergrund, in den Händen hält sie einen Teller mit Äpfeln. Im sanft von vorn einfallenden Licht sind ihr stilles Gesicht mit den niedergeschlagenen Augen, der gelbliche geraffte Vorhang rechts, das mattweiße Tuch über ihren Schultern und die Rundung der Büste weich und gleichmäßig modelliert.
Formal knüpft Macke mit diesem Bild ganz offensichtlich an das Spätwerk Paul Cezannes an, auf das er kurz zuvor während seines dritten Parisaufenthaltes von Carl Hofer aufmerksam gemacht worden war. Besonders der Teller mit den roten und gelben Äpfeln, deren Materie allein aus Farbsubstanz zu bestehen scheint und die von den noch etwas unsicher gezeichneten Händen der Frau wie ein Stillleben präsentiert werden, bezieht sich mit großer Deutlichkeit auf das Vorbild. Die ausgewogene Anordnung aller Teile, die 'Gesamtharmonie', der sich einer Äußerung Mackes von 1910 zufolge Farbe und Form, Figur und Umgebung unter einer einheitlichen Empfindung einzugliedern haben, wird zu einem Grundzug seiner Kunst. Hier wie auch in späteren Bildern, etwa von Spaziergängern oder Zeitungslesern, speist sich diese Harmonie zu einem nicht geringen Teil aus der stillen Versunkenheit der dargestellten Figuren. In den Tegernseer Bildern hat Macke Elisabeth häufig lesend, nähend, später das Kind haltend, dabei stets mit gesenktem Kopf dargestellt, was die abgeschiedene Konzentration der Bilder noch erhöht. Macke schätzte das "Porträt mit Äpfeln" besonders. 1912 zeigte er es auf der großen 'Sonderbund'-Ausstellung in Köln, wo es sich sein Onkel Bernhard Koehler für seine Sammlung auswählte. Durch die Stiftung seines Sohnes Bernhard Koehler jr. gelangte es in die Städtische Galerie im Lenbachhaus.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.