Werktext
Das Bild des Äffchens zeigt erneut die eindringlichen Veränderungen, die Marcs Malerei vom verhaltenen Naturalismus seiner 1910 in Lenggries entstandenen Pferde- und Rehstudien bis zu dem experimentellen Stil eines tropischen Zauberwaldes mit dem kleinen, exotischen Geschöpf von 1912 mit bemerkenswerter Geschwindigkeit durchlaufen hat. Auch bei diesen späteren Bildern arbeitete Marc fast ausnahmslos vor der Natur, er stellte sich "vor 'mein' Motiv", wie er an August Macke schrieb, doch schuf er dabei ganz aus der Kraft der Imagination. Das graue Äffchen kauert mit zurückgewandtem Kopf und langem gebogenen Schwanz auf einem schrägen Ast im Zentrum des Bildes. Hinter seiner zierlichen Gestalt schimmern die farbenglühenden, gezackten Gewächse des Dschungels, schwül und funkelnd, wie die Teile eines rasch veränderbaren Kaleidoskops.
Auch hier bilden das Tier und seine Lebenswelt eine Einheit, doch anders etwa als im mächtigen, ein Jahr später entstandenen "Mandrill" (Staatsgalerie moderner Kunst, München) und noch ganz in der Art des "Affenfrieses" von 1911 (Hamburger Kunsthalle) ist das Tier deutlich hervorgehoben, dazu ist sein weich gerundetes Köpfchen und sein Ausdruck scheuer Wachsamkeit mit beinahe menschlichen Zügen versehen. Die aus dem dunklen Grün leuchtenden Blüten sind Reminiszenzen an das Werk Paul Gauguins, die auch in anderen Werken Marcs auftauchen – etwa in dem mit Macke hergestellten Paradiesfresko aus dem Jahre 1912 (Westfälisches Landesmuseum, Münster) – und hier wie kostbare, fremdartige Manierismen wirken.
Adolf Behne, einer der wenigen Kritiker, die 1913 anlässlich von Marcs Einzelausstellung in der Berliner Galerie 'Der Sturm' uneingeschränkt für ihn Partei ergriffen, schrieb über dessen Tierbilder: "Und doch hängen Marcs Bilder in ihren Wurzeln auf das tiefste und innigste mit der Natur zusammen, ja ich muss gestehen, dass ich kaum einen zweiten Maler heute zu nennen wüßte, der so ergreifend uns die Natur im Innersten und Tiefsten fühlen macht. Im Innersten und Tiefsten – das ist es! Die äußerliche Sichtbarkeit, die äußerliche Form, die äußerliche Richtigkeit der Natur – sie ist ihm nichts! Aber 'alles' ist ihm das tiefe Ahnen, das innerste Leben, das Herzblut, der Pulsschlag der Natur! Hier schafft Franz Marc Wunder an Innigkeit der Empfindung und an Größe der Gestaltung!"
Dennoch dürfen Äußerungen wie diese, die Marcs eigener Diktion sehr nahe kommen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in seinen Bildern im Gegenteil der Mensch ist, der das Tier zu sich erhöht, es mit anthropomorphen Zügen und 'Innerlichkeit' der Empfindung ausstattet, die letztlich einem tiefen Harmoniebedürfnis und der rückwärtsgewandten Flucht aus dem Materialismus der modernen Welt entspringen.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Auch hier bilden das Tier und seine Lebenswelt eine Einheit, doch anders etwa als im mächtigen, ein Jahr später entstandenen "Mandrill" (Staatsgalerie moderner Kunst, München) und noch ganz in der Art des "Affenfrieses" von 1911 (Hamburger Kunsthalle) ist das Tier deutlich hervorgehoben, dazu ist sein weich gerundetes Köpfchen und sein Ausdruck scheuer Wachsamkeit mit beinahe menschlichen Zügen versehen. Die aus dem dunklen Grün leuchtenden Blüten sind Reminiszenzen an das Werk Paul Gauguins, die auch in anderen Werken Marcs auftauchen – etwa in dem mit Macke hergestellten Paradiesfresko aus dem Jahre 1912 (Westfälisches Landesmuseum, Münster) – und hier wie kostbare, fremdartige Manierismen wirken.
Adolf Behne, einer der wenigen Kritiker, die 1913 anlässlich von Marcs Einzelausstellung in der Berliner Galerie 'Der Sturm' uneingeschränkt für ihn Partei ergriffen, schrieb über dessen Tierbilder: "Und doch hängen Marcs Bilder in ihren Wurzeln auf das tiefste und innigste mit der Natur zusammen, ja ich muss gestehen, dass ich kaum einen zweiten Maler heute zu nennen wüßte, der so ergreifend uns die Natur im Innersten und Tiefsten fühlen macht. Im Innersten und Tiefsten – das ist es! Die äußerliche Sichtbarkeit, die äußerliche Form, die äußerliche Richtigkeit der Natur – sie ist ihm nichts! Aber 'alles' ist ihm das tiefe Ahnen, das innerste Leben, das Herzblut, der Pulsschlag der Natur! Hier schafft Franz Marc Wunder an Innigkeit der Empfindung und an Größe der Gestaltung!"
Dennoch dürfen Äußerungen wie diese, die Marcs eigener Diktion sehr nahe kommen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in seinen Bildern im Gegenteil der Mensch ist, der das Tier zu sich erhöht, es mit anthropomorphen Zügen und 'Innerlichkeit' der Empfindung ausstattet, die letztlich einem tiefen Harmoniebedürfnis und der rückwärtsgewandten Flucht aus dem Materialismus der modernen Welt entspringen.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.