Christoph Heilmann Stiftung

Im Jahr 2013 vereinbarten der Kunsthistoriker, Sammler und Stifter Christoph Heilmann und die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau eine enge Zusammenarbeit auf Dauer. Die nach einem stringenten Konzept über Jahrzehnte aufgebaute Sammlung umfasst mehr als hundert Werke zur deutschen, französischen und skandinavischen Landschaftsmalerei und befindet sich nun als Dauerleihgabe im Lenbachhaus. Ihr reicher Bestand spiegelt entscheidende Aspekte der Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert wider. Die Landschaftsmalerei übernahm im Gefüge der Gattungen bald eine führende Rolle und beharrte entgegen aufkommender nationaler Strömungen vielfach auf einer dezidiert europäischen Ausrichtung. Im freien Reisen und naturnahen Umherstreifen der Maler entwickelte sich eine neue Methodik des Landschaftenmalens.

Die Ausstellungen der Stiftung gelten den frühen Ansätzen des modernen Landschaftsbildes. Ihr Ziel ist es, den Entwicklungen gerecht zu werden, die schon zu Beginn der bürgerlichen Epoche die Landschaftsmalerei zu einer zukunftsweisenden Gattung machten. Diese dezidiert vorimpressionistische Perspektive prägt wesentlich die Ausstellungsunternehmungen der Stiftung.

Nach einer erfolgreichen zweijährigen Tournee durch Deutschland mit Stationen im Museum Schloss Moyland bei Kleve und im Angermuseum in Erfurt kehrte die Sammlung von Christoph Heilmann im März 2019 mit der umfangreichen Ausstellung "Natur als Kunst" ins Lenbachhaus in München zurück. In einem ungewöhnlichen Münchner "Gipfeltreffen" nahmen die Gemälde der Christoph Heilmann Stiftung einen konstruktiven Dialog mit den frühen Landschaftsfotografien aus der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums auf. Zwei der innovativsten Bildmedien des 19. Jahrhunderts – die freimalerische Ölskizze und die präzise Naturfotografie – traten in einen intensiven Austausch und zeigten die Wege zum modernen Landschaftsbild auf.

Derzeit ist aus der Sammlung von Christoph Heilmann im ersten Obergeschoss eine Präsentation des Sammlungsschwerpunktes zur Schule von Barbizon zu sehen, die mit ihren naturnahen Ölskizzen das Landschaftsbild im berühmten Wald von Fontainebleau revolutionierte.

Ausstellung

Die beiden neu eingerichteten Räume der Christoph Heilmann Stiftung im ersten Obergeschoss konzentrieren sich auf die Maler von Barbizon. Was mit einer lokalen Gruppe im Wald von Fontainebleau begann, sollte bald weit über die französischen Grenzen wirken. Wie nie zuvor wurde die Landschaftskunst dank der antiakademischen Rebellen vom Kopf auf die Füße gestellt und vom Atelier nach draußen verlegt. Die Strahlkraft der Maler von Barbizon erreichte München besonders schnell. Früh wurden ihre Landschaften im Glaspalast ausgestellt und ihre berühmtesten Vertreter Gustave Courbet und Camille Corot mit den höchsten bayerischen Orden ausgezeichnet.

Das kleine Straßendorf Barbizon am Rande des Waldes von Fontainebleau, südlich von Paris gelegen und durch die neu gebaute Eisenbahnverbindung gut zu erreichen, wurde ab 1840 zu einem Treffpunkt der wichtigsten französischen Landschaftsmaler. Als ehemaliges königliches Jagdgebiet mit alten Baumbeständen, archaischen Felsen und weiten Heidelandschaften bot der berühmte Wald besonders abwechslungsreiche und urtümliche Naturmotive. Den sterilen und statischen Kunstraum Atelier ließen die Maler von Barbizon allmählich hinter sich. Ausgestattet mit Tubenfarben und leichten Reisefarbkästen waren sie oft auch in unwegsamen Gebieten unterwegs. Das Malerische gewann damit eine völlig neue Qualität.

Ihr führender Protagonist Théodore Rousseau scheute etwa nicht die tiefe Düsternis des alten Eichenwaldes und die Winterkälte, als er seinen "Wald bei Sonnenuntergang im Winter" (nach 1846) malte und ihn in ein abendliches mystisches Licht tauchte. Nicht mehr südliche, elegische Stimmungslandschaften, sondern der raue Norden bestimmte die Natur ihrer Bilder. Gustave Courbet malte seine "Schwarze Felsen bei Trouville" im ausgehenden Jahr 1865 und fand angesichts des Naturschauspiels zu einem – wie er schrieb – sich "befreienden" Malakt in der Wiedergabe des Herbsthimmels. Jean-François Millets "Bauernmädchen am Ufer eines Baches" zeugt von einer neuen, innigen Verbindung von Mensch und Natur.

Und schließlich versprachen auch die Landschaften von Camille Corot, Jules Dupré oder Charles-François Daubigny den stadtmüden Parisern eine ersehnte Authentizität in der Naturdarstellung, sowohl im unklassischen Motiv als auch in der freien und ungekünstelten Pinselführung.


Konzept der Präsentation: Dr. Christoph Heilmann

Jean-Baptiste Camille Corot, Der Große Baum (Studie), um 1865, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Théodore Roussau, Wald bei Sonnenuntergang im Winter, nach 1846, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Charles-François Daubigny, Mündung der Themse, um 1870, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Jean-François Millet, Nacktes Bauernmädchen an der Böschung eines Baches sitzend, 1847/48, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung

Neuerwerbungen

Die Christoph Heilmann Sammlung zur frühen deutschen, französischen und skandinavischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts wurde entsprechend ihrem zu Grunde liegenden Konzept weiter ausgebaut. So kamen in den letzten beiden Jahren zehn Neuerwerbungen von Christoph Heilmann hinzu.

Darunter befindet sich von dem Landschafts- und Genremaler Franz Ludwig Catel (1778–1856) das Gemälde "Palazzo Donna Anna" (1825), in dem er eine imposante Ruinenarchitektur und die darin Schutz suchende Gruppe von Fischern mit der getreuen Naturdarstellung des wild bewegten Meeres verbindet. Den wichtigen Sammlungsschwerpunkt zur Landschaftsmalerei der Schule von Barbizon bereichern drei Neuerwerbungen. Zu den führenden Barbizonmalern zählen Théodore Rousseau (1812–1867) und sein enger Freund Jean-François Millet (1814–1875). Von Ersterem konnte eine größere Ölstudie seiner frühen Reise von 1830 in die Auvergne erworben werden. Durch die genaue Beobachtung der Lichtverhältnisse und der Vegetation entspricht sie seinem wirklichkeitsverbundenem Bestreben. Von seinem Weggefährten Millet gelang es, die Entwurfszeichnung für ein bereits in der Stiftung befindliches Gemälde mit der Darstellung eines in sich gekehrten, nackten Bauernmädchens an der Böschung eines Baches zu erwerben und damit Einblicke in den Werkprozess zu gewähren.

Die dritte Neuerwerbung im Bereich der französischen Landschaftsmaler ist Paul Huets (1803–1869) kleines Bild eines Unterholzes im alten Wald von Villers-Cotterêts. Seit einigen Jahren bemüht sich die Stiftung darum, ihre Sammlungsschwerpunkte auf die skandinavischen Länder auszuweiten. In diesem Zusammenhang steht die Erwerbung "Südliche Landschaft bei Subjaco" (1847) von Gustaf Wilhelm Palm (1810–1890), einem erst in jüngerer Zeit seiner Bedeutung entsprechend wiederentdeckten schwedischen Landschaftsmaler. Von der Entdeckung des Nordens in der Landschaftsmalerei mit seiner typischen rauen Vegetation zeugt Anton Eduard Kieldrups (1826–1869) Studie einer knorrigen, alten Eiche.

Franz Ludwig Catel, Palazzo Donna Anna, 1825, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Théodore Rousseau, Landschaft in der Auvergne, 1830, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Gustaf Wilhelm Palm, Landschaft bei Subjaco, 1847, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Anton Eduard Kieldrup, Studie eines alten Eichbaumes, n. d., Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung
Jean-François Millet, Junge Frau, sich die langen Haare nach dem Bade hochsteckend, 1845/46, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Dauerleihgabe der Christoph Heilmann Stiftung

Forschung

Wissenschaftlicher Bestandskatalog

Der sich erweiternde Sammlungsbestand wird kontinuierlich wissenschaftlich bearbeitet. Ein bereits existierender Bestandskatalog "Natur als Kunst. Frühe Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts in Deutschland und Frankreich" (Hrsg.: Christoph Heilmann, Heidelberg, Wunderhorn 2013/2015) wird alle zwei bis drei Jahre durch eine Beilage mit den Neuerwerbungen ergänzt.


Tagungen / Vorträge / Publikationen

Zudem wird die Sammlung der Stiftung und deren Erforschung durch Vorträge, Vortragsreihen, Tagungen und Forschungsprojekte in größere Perspektiven und Fragestellungen zur frühen Landschaftsmalerei eingebunden. Etwa mit dem Symposium "Mobilität und Naturerfahrung im 19. Jahrhundert" wurde der Frage nachgegangen, inwiefern die nun obligate Reise der Landschaftsmaler in nah und fern das Landschaftsbild des 19. Jahrhunderts entscheidend prägte. Für die Besprechung auf ArtHist klicken Sie hier.

Die Tagungsergebnisse sind 2017 in einer umfangreichen Publikation "Landschaftsmalerei, eine Reisekunst? – Mobilität und Naturerfahrung im 19. Jahrhundert" (hrsg. für die Christoph Heilmann Stiftung von Claudia Denk und Andreas Strobl) erschienen mit einem Vorwort von Christoph Heilmann und Matthias Mühling sowie Beiträgen von Werner Busch, Michael Clarke, Bernhard Maaz, Marcell Perse, Ruth Pullin, Andreas Tacke u.a. Für mehr Informationen klicken Sie hier.

Im Zusammenhang neuer Forschungsperspektiven zur Landschaftsmalerei um 1800 stehen auch die aktuell geförderten Publikationen:

Barbara Eschenburg: Naturbilder – Weltbilder. Landschaftsmalerei und Naturphilosophie von Jan van Eyck bis Paul Klee, Gebr. Mann Verlag Berlin 2019.

Valenciennes‘ Ratgeber für den reisenden Landschaftsmaler. Zirkulierendes Künstlerwissen um 1800, herausgegeben und kommentiert von Claudia Denk mit einem Vorwort von Christoph Heilmann und Bernhard Maaz, Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2019.