Bienen, Beuys und Honigwaben

Von Christof Viernstein.

Seit Anfang dieser Woche bietet das Lenbachhaus seine jährliche Honigernte im Shop an. Diese entspringt den hauseigenen Bienenvölkern in unserem schönen Museumsgarten. Im Lichte des Bienensterbens unterstützt der leidenschaftliche Imker Jürgen Brandl das Lenbachhaus, indem er vor Ort mehrere Völker betreut.

Ein Jahr mit den Bienen
Ab 12 Grad beginnen Bienen im Frühling sich an die Arbeit zu machen. Das Volk fliegt aus, um 80 Prozent der hiesigen Pflanzenwelt zu bestäuben – eine bedeutsame Aufgabe als drittwichtigstes Nutztier nach Rind und Schwein. Nektar und Pollen werden gesammelt – mitunter auch der Honigtau der Blattläuse – versetzt mit Essenzen und ätherischen Ölen der jeweiligen Laub- und Nadelbäume, die ihnen als Nahrungsgrundlage dienen. Die Bienenkönigin treibt derweil die Legeleistung mit bis zu 1.500 Eiern pro Tag an.

Zwischen Kunst und Konstruktion
Während manche Bienen Wache halten oder sammeln, entsteht bei ihnen im Alter von 9 bis 12 Tagen die Fähigkeit, ihre Wachsdrüsen einzusetzen. Sie werden zu sogenannten „Baubienen“. Mit diesen erschaffen sie Räumlichkeiten für den Nachwuchs und lagern die Pollen, die das natürliche Weiß der Wachsplättchen in das typische Gelb-Braun verfärben. Dieses Wachs kann genutzt werden, um Kerzen herzustellen oder plastikfrei alles Mögliche zu konservieren, indem man es geschmolzen in ein Tuch einbügelt. Diese materielle Dynamik zwischen fluide und statisch ist es, die Joseph Beuys in seinem Werk „Bienenkönigin I“ durch das Bienenwachs – neben anderen natürlichen Materialien wie Buchsbaumholz und Ton – zum Ausdruck bringt. Auch die soziale Organisation der Bienen versteht Beuys als vergleichbar mit Individuum und Kollektiv des Menschen; als Grundlage einer sozialen Plastik, die hier Wand an Wand koexistiert.

Wundermittel Honig
Jedes Jahr schmeckt der Honig einzigartig. In München dominieren vor allem Lindenbäume, bedingt durch die vielen Alleen und Parks. Schadstoffe haben keine Chance, da die Biene nicht nur genau weiß, zu welcher Tageszeit welche Pflanze am besten „honigt“, sie sortiert auch schön säuberlich vor, welche Pflanzen ihr Volk nicht in Gefahr bringen. Dazu kommen filigrane Filterprozesse, die das Beste aus den über 180 medizinisch wirksamen Stoffen im Honig, bis hin zu einer antibiotischen Wirkung, herausholen. Ist die Ernte eingeholt und der Spätsommer angebrochen, stehen die Wintervorbereitungen der Biene bevor. Die Sammler halten nach Spätblütlern Ausschau, die Baubienen verkleinern das Brutnest und horten letzte Vorräte, damit die Überwinterung gelingt.