Playback Room. Ein Raum für Studiomusik

Nach einer Idee von und in Zusammenarbeit mit Wolfgang Tillmans

Playback Room. Ein Raum für Studiomusik

Während es als ganz selbstverständlich gilt, in einem Museum Kunstwerke zu betrachten, gibt es bislang keinen vergleichbaren Ort, an dem Musik in Studioqualität gehört werden kann. Die von Wolfgang Tillmans konzipierte Projektreihe "Playback Room" möchte diesen Umstand ändern und einen Ort bieten, der speziell für die Wiedergabe von Musikaufnahmen konzipiert ist.

Das Erleben von Live-Musik findet in Konzerthallen statt. Für die Oper gibt es das Opernhaus. Nur die Studiomusik als ausdifferenzierte Kunstform hat bislang keinen eigenen Rezeptionsort. Das widerspricht der Tatsache, dass viele Musiker in der finalen Aufnahme eines Songs oder eines Albums die eigentliche Essenz ihrer Arbeit sehen.

Die monatelange Arbeit im Studio hat ein Werk mit optimaler Soundqualität hervorgebracht und ganz im Gegensatz zu diesem Bemühen sind der überwiegende Teil der privaten, kommerziellen oder transportablen Abspielgeräte nicht dafür geeignet, genau dieses Ergebnis wiederzugeben. Die digitalen Kompressionsverfahren der vergangenen Jahre haben darüber hinaus zu einer zunehmenden Verbreitung der Wiedergabe in schlechter Tonqualität geführt. Zweifellos ist Musik für bildende Künstler oftmals eine wichtige Inspiration und viele von ihnen bewundern bestimmte Aufnahmen zutiefst. Die meisten Versuche, Musik in Ausstellungsräumen zu präsentieren, greifen auf ergänzende Nebenprodukte und Memorabilien zurück und zeigen in den seltensten Fällen die Musik an einem dafür geeigneten Ort, zu dem auch ein hochwertiges Lautsprechersystem gehören würde. Das Projekt "Playback Room" möchte eine kritische Diskussion dieses Umstands anstoßen.

Hierfür wird der Georg-Knorr-Saal im Lenbachhaus temporär zu einem Wiedergaberaum für Musik, ausgestattet mit einem High-End-HiFi-Soundsystem, welches es ermöglicht, Musik in ihrer originalen Aufnahmequalität zu hören. Bespielt wird der Raum mit zwei Playlists von Wolfgang Tillmans. Die erste Playlist wird völlig neu für das Lenbachhaus von Wolfgang Tillmans zusammengestellt und beinhaltet auch drei Stücke die Tillmans bereits 1994 in seinem "Salle Techno" im Musée d’Art moderne de la Ville de Paris präsentiert hat. Die zweite Playlist, "Colourbox – Music of the group (1982 – 1987)", wurde bereits in seinem Projektraum Between Bridges in Berlin präsentiert. Begleitet wird das Projekt zudem von Abendveranstaltungen und einem Symposium.

Kuratiert von:

Wolfgang Tillmans
und
Elisabeth Giers, Matthias Mühling



Playlist I: To Know When To Stop
16. Februar – 18. März 2016

Diese Playlist besteht einerseits aus persönlichen Lieblingsstücken und andererseits aus Werken, die in der Qualität ihrer Original-Studioaufnahmen für Wolfgang Tillmans größte Vollendung gefunden haben. Es ist Musik, die ihn über 35 Jahre begleitet hat und ihn aufgrund ihrer strukturellen Aufschichtung und Produktionsweise inspiriert und beeinflusst hat. Musikalische Erzeugnisse, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung eine Idee von Zukunftsversprechen und -beschreibung vermittelten, nicht Science Fiction waren oder sein wollten, aber futuristisch und jetztzeitig zugleich klangen und zeitgenössische Befindlichkeit durch neue Klänge greifbar machten. Eine andauernde Faszination an und Beschäftigung mit diesen Stücken beweist für Tillmans ihre Qualität und Pioniergeist, der durch neue Entwicklungen von Instrumenten und technischen Produktionsweisen angetrieben wurde. Um diese akustisch erfahrbar zu machen, bedarf es einer qualitativ hochwertigen Wiedergabemöglichkeit. Diese Überlegungen bewegten Tillmans immer zu der Frage, warum Studiomusik nicht einen dezidierten Ort hat, an dem sie in bester Qualität und mit all ihren Nuancen von der Öffentlichkeit gehört werden kann. Was und wie wäre dieser Ort? Und ist das Museum ein Ort, um Musik “zu zeigen”?


Playlist II: Colourbox – Music of the group (1982 – 1987)
19. März – 24. April 2016

Ihre Arbeitsweise prädestiniert die Band Colourbox für eine Auseinandersetzung mit aufgenommener Musik. Sie haben Liveauftritte abgelehnt und auch sonst keine weiteren Verwertungsformen außer den veröffentlichten Alben angestrebt. Die Brüder Martyn und Steven Young waren zusammen mit Ian Robbins, Lorieta Grahame und Debian Curry Pioniere einer experimentellen Popmusik. Ihr eklektischer Sound speist sich aus Reggae und Soul, Beat Boxgetriebenen Hip-Hop-Rhythmen, Blue-Eyed-Soul und einer Verbindung weit auseinander liegender Einflüsse wie klassischem R&B, Dub und Industrial.

Mit der Montage von analogen Magnetbändern und dem experimentellen Einsatz von Tonbandgeräten gehören Colourbox zu den Vorreitern des Samplings, welches in seiner digitalen Variante im Laufe der 1980er allgegenwärtig wurde. Die Band arbeitete in einem scheinbaren Gegensatz von reiner künstlerischer Forschung im Studio und einem antiintellektuellen Habitus gegenüber der Außenwelt. Die teils vom Soul inspirierte, teils klirrende und geminderte, stellenweise auch raue Tonqualität ihrer Aufnahmen unterschied sich deutlich von denen ihrer Label-Kollegen auf 4AD, wie Dead Can Dance, Cocteau Twins und This Mortal Coil.

Zwar hatte die Band bemerkenswerten Erfolg in den Independent Charts, doch fand sie lange keine Anerkennung im Mainstream. Das änderte sich 1987, als sie unter dem Namen M.A.R.R.S. mit A.R. Kane zusammenarbeitete und mit der Single Pump up the Volume einen internationalen Nummer 1 Hit hatten. Der Track, der fast ausschließlich aus nicht-lizensierten Samples komponiert ist, wurde der Auslöser jahrelanger Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsverfahren. Das führte dazu, dass Colourbox sich entschied keine Aufnahmen mehr zu machen und seitdem auch keine Musik mehr veröffentlicht hat.

Blog-Beiträge

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