Mehr Moderne für das Lenbachhaus

Die Neuerwerbungen in der Sammlung Blauer Reiter

Mehr Moderne für das Lenbachhaus

Die weltweit größte Sammlung zur Kunst des Blauen Reiter verdankt das Lenbachhaus in erster Linie der großzügigen Stiftung von Gabriele Münter. 1957 machte die einzigartige Schenkung anlässlich des 80. Geburtstags der Künstlerin die Städtische Galerie zu einem Museum von Weltrang. Das herausragende Geschenk umfasste zahlreiche Werke von Wassily Kandinsky bis 1914, von Münter selbst sowie Arbeiten von Künstlerkolleg*innen aus dem erweiterten Kreis des Blauen Reiter. Es folgten bedeutende Ankäufe und Schenkungen wie 1965 die ebenfalls außerordentlich großzügige Stiftung von Elly und Bernhard Koehler jun., dem Sohn des bedeutenden Mäzens und Sammlers mit Werken von Franz Marc und August Macke. Damit wurde das Lenbachhaus zum zentralen Ort der Erforschung und Vermittlung der Kunst des Blauen Reiter und nimmt diesen Auftrag seit über sechs Jahrzehnten insbesondere mit seiner Ausstellungstätigkeit wahr. Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung war Hans Konrad Roethel, Direktor des Lenbachhauses von 1956 bis 1971. Nach seiner Amtszeit haben sich auch Armin Zweite und Helmut Friedel erfolgreich für die Erweiterung der Sammlung engagiert. Dennoch fehlen bis heute wichtige Werke aus dem Umkreis des Blauen Reiter.

Diese kunsthistorischen "Leerstellen" betreffen sowohl bestimmte Zeitspannen und Themen als auch beteiligte Künstler*innen. So befanden sich abgesehen von Gabriele Münter bislang keine Werke von Künstlerinnen aus dem inneren Kreis des Blauen Reiter, etwa von Elisabeth Epstein oder Maria Franck-Marc, in der Sammlung. Epstein gehörte zu den wenigen auserwählten Künstlerinnen, die an der legendären 1. Blauer Reiter-Ausstellung 1911 in der Galerie Thannhauser teilnahmen. Epstein war es auch, die mit Kandinsky wichtige theoretische Diskussionen führte und zudem als Korrespondentin und Kontaktperson zur Pariser Kunstszene fungierte. Maria Marc-Franck steuerte zwei Werke zur 2. Blauen Reiter-Ausstellung 1912 bei und gab Impulse für den Umgang mit der Thematik der "Kinderwelten" im Blauen Reiter. Das Lenbachhaus hat der Künstlerin bereits 1995 eine erste Retrospektive gewidmet, ihr Werk jedoch suchte man vergeblich in der Sammlung. Wir konnten sie nun durch vier Ankäufe bereichern. Auch von Wilhelm Morgner, dessen stilistisch einzigartige Zeichnung eines Ziegelbrenners eine der weitgefächerten zeitgenössischen Positionen im Almanach Der Blaue Reiter markiert, existierte bisher kein Werk in der Sammlung des Lenbachhauses. Mit dem Ankauf des Temperagemäldes "Die Holzarbeiter" von 1911 konnte ein Bild erworben werden, das die faszinierende Stilistik des Künstlers eindrücklich vorstellt.

Die Sammlungs- und Forschungstätigkeit im Bereich der Kunst des Blauen Reiter ist keinesfalls abgeschlossen, ganz im Gegenteil: Je weniger Leerstellen verbleiben, desto schwieriger gestaltet sich die Erwerbungstätigkeit. In den vergangenen Jahren hat sich das Lenbachhaus bemüht, die Sammlung um diese besonderen, selten aufzufindenden Positionen zu bereichern. So konnten nach langen Recherchen mit Hilfe engagierter Personen und Institutionen einige spektakuläre Erwerbungen getätigt werden. Der Ankauf von zwei Selbstbildnissen von Elisabeth Epstein, bei denen es sich wohl um die bisher einzigen überlieferten Werke aus der Zeit des Blauen Reiter handelt, kann als kleine Sensation gelten.

Die Präsentation der Neuankäufe der letzten Jahre soll unseren Besucher*innen Einblick in die spannenden Erkenntnisse unserer Sammlungstätigkeit geben und ihnen zugleich die ausgewählten Werke vorstellen, bevor wir ab März 2021 mit einer umfassenden Neuordnung der Sammlung des Blauen Reiter überraschen möchten. Unsere kleine Schau der Neuerwerbungen ist zudem mit einem großen Dank an die Förderer des Lenbachhauses verbunden, die uns ideell und finanziell unterstützt haben.

Unser größter Dank gilt jedoch dem Förderverein Lenbachhaus e.V., welcher in nur wenigen Jahren neben der Unterstützung vielfältiger Programme des Lenbachhauses den Ankauf zweier Werke von August Macke sowie je einer Arbeit von Wassily Kandinsky und Marianne von Werefkin ermöglicht hat. Das großformatige Werk "In die Nacht hinein" aus Werefkins wichtigem Schaffensjahr 1910 erwarb der Förderverein anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums 2018. Mit dem Erwerb von Kandinskys bedeutendem frühen Werk "Rapallo – Meereslandschaft mit Dampfer", das während seines Italienaufenthalts mit Gabriele Münter 1906 entstand, hat der Förderverein Lenbachhaus ein neues Kapitel aufgeschlagen und sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, solche finanziell herausfordernden Ankäufe für die Sammlung des Blauen Reiter zu unterstützen. Ferner haben uns in den vergangenen Jahren wieder Privatpersonen mit bedeutenden Schenkungen bedacht. Für diese großzügigen Schenkungen und der damit verbundenen Anerkennung unserer Arbeit sei allen Stifter*innen herzlich gedankt.

 

Begleitheft (PDF)

Video

Erst wenn Sie zustimmen, erlauben Sie uns Daten von Youtube zu laden.

Mehr Moderne für das Lenbachhaus – Alexander Mettenheimer für den Förderverein Lenbachhaus e.V.

Erst wenn Sie zustimmen, erlauben Sie uns Daten von Youtube zu laden.

Mehr Moderne für das Lenbachhaus – Eva Tillig für den Förderverein Lenbachhaus e.V.

Blog-Beiträge

Alfred Kubin und die phantastische Welt der Geschichten

Phantastische Literatur

22. November 2018

Fotografie Alfred Kubin am Schreibtisch

Phantastische Literatur

Alfred Kubin war nicht nur Künstler, sondern auch leidenschaftlicher Leser. Das Bizarre und Irrationale in seinen Zeichnungen sind unter anderem dieser Leidenschaft geschuldet.

Von Anna Straetmans

Neuzuwachs zum Blauen Reiter

Marianne von Werefkin

4. Mai 2018

Gemälde Marianne von Werefkin In die Nacht hinein 1910

Marianne von Werefkin

Lange war das Lenbachhaus auf der Spuren des Werks "In die Nacht hinein" von Marianne von Werefkin. Nun ist es nicht nur wieder aufgetaucht, sondern auch unserem Museum vermacht worden.

Von Annegret Hoberg und Jacqueline Falk

Über Franz Marc

zum 100. Todestag

1. März 2016

zum 100. Todestag

Die drei Kunstvermittler*innen Angelika Grepmair-Müller, Christiane Schachtner und Christoph Engels sprechen über die Wirkung von Franz Marc auf Besucher*innen.

Von Monika Bayer-Wermuth