Reife by Alexej von Jawlensky

Details

Date
um 1912
Classification
Gemälde
Medium
Öl auf Pappe
Dimensions
53,5 cm x 49,5 cm
Signature and inscriptions
u. r.: A. Jawlensky.
On display
In "The Blue Rider"
Inventory number
G 13000
Acquisition
Ankauf 1962
Credit line
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Citation / Permalink
Alexej von Jawlensky, Reife, um 1912, Öl auf Pappe, 53,5 cm x 49,5 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
https://www.lenbachhaus.de/en/discover/collection-online/detail/reife-30010471
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Werktext

"Reife" markiert einen bemerkenswerten Wandel in Alexej Jawlenskys Darstellungen des menschlichen Gesichts. Am Ende seines Lebens schrieb er an Willibrord Verkade: "Im Jahr 1911 kam ich zu einer persönlichen Form und Farbe und habe gewaltige figurale Köpfe gemalt und mir damit einen Namen gemacht." In strenger Frontalität blickt das Gesicht der "Reife" den Betrachter aus weit geöffneten, schwarz umrandeten Augen beschwörend an. Die schreiend bunten Farben, die an Wildheit die der 'Fauves' übertreffen und eine Überschreitung der Wirklichkeit erreichen, werden durch ein festes schwarzes Liniengefüge gebändigt. In seinem Schema sind die entindividualisierten Züge des menschlichen Gesichts zur idolhaften Maske erstarrt. Durch das annähernd quadratische Bildformat ist die Figur knapp unter dem Hals abgeschnitten, so dass die Konzentration ganz auf der runden Grundform des Kopfes und besonders auf den götzenhaften, grünen Augen liegt.

Auch der Titel "Reife" verrät ein Abstrahieren vom konkreten menschlichen Modell, in ihm scheint sich eher die sommerliche Glut der Farben auszudrücken, aus denen Jawlensky die archetypische Form bildet. In Stilisierung, motivischer Vereinfachung und formaler Konzentration weist "Reife" auf die seit 1917 entstehenden mystischen Köpfe Jawlenskys voraus. Das um 1912 datierte Bild entstand nach Jawlenskys Aufenthalt in Prerow an der Ostsee im Sommer 1911, von dem der Künstler in seinen Lebenserinnerungen berichtet: "Dieser Sommer bedeutete für mich eine große Entwicklung in meiner Kunst. Ich malte dort meine besten Landschaften und große figurale Arbeiten in sehr starken, glühenden Farben, absolut nicht naturalistisch und stofflich. Ich habe sehr viel Rot genommen, Blau, Orange, Kadmiumgelb, Chromoxydgrün. Die Formen waren sehr stark konturiert in Preußischblau und gewaltig aus einer inneren Ekstase heraus."

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.