Werktext
Im April 1931 wechselte Paul Klee vom Bauhaus in Dessau als Lehrer an die Düsseldorfer Akademie. In dieses Jahr fällt auch der Höhepunkt seiner Beschäftigung mit den Erscheinungsformen des farbigen Lichts, in einer Technik, die er selbst "das sogenannte Pointillieren" nannte, in Anlehnung an das Verfahren Georg Seurats und der Neoimpressionisten, die den Eindruck der sichtbaren Wirklichkeit in die farbigen Punkte des Spektrallichts zerlegten, die sich im Auge des Betrachters wieder mischten. Klee hingegen dichtet den Bildraum seiner 'divisionistischen' Werke oft durch pastos aufgetragene weiße Farbe vollständig ab und legt ein System farbiger Punkte von ähnlich konzentrierter Substanz darüber. Zum Teil sind die einzelnen Farbpartikel mehrfach übermalt, bis sie, etwa auch in "Klippen am Meer", als erhabenes Relief wahrnehmbar werden. Hier entwickelt sich durch die Verteilung der farbigen Punkte ein bewegtes Muster mit Anklängen an Gestein, Meer und Himmel und lässt einen oszillierenden Organismus von unbestimmter räumlicher Tiefe entstehen. Das Experiment der Darstellung des Lichts, das Klee auch in seinen berühmten Bildern "Ad Parnassum" (Kunstmuseum, Bern) und "Das Licht und Etliches" (Privatbesitz) von 1931 anstellte, wird hier, wie Jürgen Glaesemer darlegt, an die Grenzen rein farbiger, gegenstandsloser Darstellungsmöglichkeiten geführt. Die von Klee so genannte "Punktsaat" ist in diesem Sinne die äußerste Konsequenz der gerasterten Quadratbilder, deren Felder hier zu isolierten Punkten zusammengeschrumpft sind. Zwischen diesen Punkten wieder einen optischen Zusammenhang herzustellen, erfordert eine ungleich höhere geistige Anspannung des Betrachters als der auf den sinnlichen Impuls des Sichtbaren bezogene Pointillismus der Neoimpressionisten.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.