Den Nagel auf den Kopf getroffen:
Ein Geschenk an das Lenbachhaus
anlässlich der Verabschiedung
von Helmut Friedel

von Sandra Schwarzwalder.

Verabschiedungen sind leider nie einfach. Dabei müssen sie nicht einmal für immer sein: es kann schon schwierig sein, alte Gewohnheiten aufzugeben und sich auf etwas Neues einzulassen. Zwar übergab Helmut Friedel bereits Ende letzten Jahres sein Amt als Direktor des Lenbachhauses an Matthias Mühling, offiziell verabschiedet wurde er jedoch erst am vergangenen Montag. Nach 36-jähriger Tätigkeit am Lenbachhaus wird es wahrscheinlich keinem – weder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Besucherinnen und Besuchern noch ihm selbst – leicht fallen, sich das Haus ohne Helmut Friedel vorzustellen. Anlässlich seiner Verabschiedung schenkte der Förderverein des Lenbachhauses e.V. zu Ehren des ehemaligen Direktors ein neues Werk des deutschen Künstlers Günther Uecker, das speziell für diesen Anlass angefertigt worden ist.

Wie auch bei anderen Nagelbildern von Uecker, mit denen er berühmt wurde, wird bei „Both“ durch die Ausrichtung der Nägel ein Zusammenspiel von Licht und Schatten hergestellt. Außerdem ist durch die Anordnung eine ganz bestimmte Struktur zu erkennen: Die Nägel verengen sich optisch in der Mitte zu zwei Strudeln und scheinen die äußeren in sich hinein zu ziehen. Auch wird der Blick des Betrachters automatisch an- und eingezogen; bei längerem Hinsehen hat man sogar das Gefühl, die Oberfläche vibriere und bewege sich. Das Kunstwerk scheint nicht mehr aus einzelnen Teilen zu bestehen, die Nägel verbinden – ganz nach ihrem ursprünglichen Zweck – die Oberfläche mit der Holzplatte und verschmelzen zu einer fast geschlossenen Oberfläche. Ihre Spitzen sind mit weißer Farbe versehen, wodurch man sofort an die monochrom weiß gestrichenen Nagelbilder Ueckers erinnert wird, die in den Jahren zwischen 1957 und 1960 entstanden sind.

In den 1960er Jahren befreundete sich Günther Uecker mit Gerhard Richter und begann mit ihm künstlerisch zusammenzuarbeiten. Das Happening mit dem Titel „Museen können bewohnbare Orte sein“ wurde 1968 in der Kunsthalle Baden-Baden von beiden Künstlern erstmals aufgeführt. Kritisch befragte es dem damaligen Zeitgeist entsprechend den institutionellen Rahmen des Museums. Uecker ist nun erstmals mit einer Arbeit in der Sammlung des Lenbachhauses vertreten. In unmittelbarer Nähe zu Gerhard Richters Werken wird erneut das Thema der Künstlerfreundschaften aufgerufen, welches in allen Sammlungsbereichen des Lenbachhauses präsent ist. Damit integriert sich „Both“ optimal in den Bestand des Hauses und so hat nicht nur Uecker bei der Herstellung seiner Werke die Nägel perfekt auf den Kopf getroffen, sondern auch der Förderverein lag mit seiner Wahl des Abschiedsgeschenkes genau richtig.

Sandra Schwarzwalder studiert Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften an der Universität Konstanz und ist Praktikantin in der Abteilung für Kommunikation in der Stäadtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München.