Werktext
Das große Gemälde "Kandinsky und Erma Bossi am Tisch" schuf Gabriele Münter nach einer Bleistiftskizze, in der sie spontan die Situation eines Tischgesprächs zwischen Kandinsky und der befreundeten Malerkollegin festgehalten hat. In einer Ecke des Murnauer Wohnraums, hinterfangen von einer schwarzen Wandverkleidung, die ihre Intimität und Gemeinsamkeit unterstreicht, sitzen die beiden Künstler an einem Tisch mit kurzem weißem Tischtuch. Kandinsky doziert mit erhobener Hand, während Erma Bossi, mit Kandinsky seit der gemeinsamen Arbeit in der 'Neuen Künstlervereinigung München' bekannt, ihm gespannt zuhört.
Während die Frau in das Schwarzweiß ihrer Umgebung einbezogen ist und ihre vornüber geneigte Gestalt mit den aufgestützten Armen ganz zum Sprecher hingewandt ist, sammelt sich auf dessen Figur mit der leuchtend blauen Jacke und den hellblauen Brillengläsern die Aufmerksamkeit. Diese beiden Blautöne tauchen noch mehrfach im Bild wieder auf, so in dem schlichten blau-weißen Tischgeschirr oder im Königsblau der kunstgewerblichen Gegenstände auf dem Bord über ihnen.
Wie in "Zuhören (Bildnis Jawlensky)" war es auch hier weniger Münters Anliegen, die Porträts ihrer beiden Genossen nachzuzeichnen, als das Charakteristische der Situation wie in einem Extrakt herauszufiltern. Dies schien sich für Münter offenbar in einer bestimmten formalen Wahrnehmung zu manifestieren, denn auch "Kandinsky und Erma Bossi am Tisch" ist von einfachen, spannungsreichen Formbeziehungen geprägt. Für die gestaltende Straffung und Konzentration auf wesentliche Punkte spielen die offenen und geschlossenen Rechtecke eine wichtige Rolle, die das Paar in der Mitte mit überlegter Systematik umgeben.
In knappen Andeutungen schildert Münter dabei auch das Interieur des Murnauer Hauses mit seinen Sammlungsgegenständen, dessen Folklore sich Kandinsky in ländlicher Tracht mit derben Sandalen und Wadenstrümpfen anpasst. Mit dem Bild dieses angeregten Tischgespräches fängt Münter auch etwas von der Atmosphäre lebhafter Diskussionen jener Jahre und den geistigen Führungsanspruch Kandinskys mit sicherem Griff und leiser Komik ein.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Während die Frau in das Schwarzweiß ihrer Umgebung einbezogen ist und ihre vornüber geneigte Gestalt mit den aufgestützten Armen ganz zum Sprecher hingewandt ist, sammelt sich auf dessen Figur mit der leuchtend blauen Jacke und den hellblauen Brillengläsern die Aufmerksamkeit. Diese beiden Blautöne tauchen noch mehrfach im Bild wieder auf, so in dem schlichten blau-weißen Tischgeschirr oder im Königsblau der kunstgewerblichen Gegenstände auf dem Bord über ihnen.
Wie in "Zuhören (Bildnis Jawlensky)" war es auch hier weniger Münters Anliegen, die Porträts ihrer beiden Genossen nachzuzeichnen, als das Charakteristische der Situation wie in einem Extrakt herauszufiltern. Dies schien sich für Münter offenbar in einer bestimmten formalen Wahrnehmung zu manifestieren, denn auch "Kandinsky und Erma Bossi am Tisch" ist von einfachen, spannungsreichen Formbeziehungen geprägt. Für die gestaltende Straffung und Konzentration auf wesentliche Punkte spielen die offenen und geschlossenen Rechtecke eine wichtige Rolle, die das Paar in der Mitte mit überlegter Systematik umgeben.
In knappen Andeutungen schildert Münter dabei auch das Interieur des Murnauer Hauses mit seinen Sammlungsgegenständen, dessen Folklore sich Kandinsky in ländlicher Tracht mit derben Sandalen und Wadenstrümpfen anpasst. Mit dem Bild dieses angeregten Tischgespräches fängt Münter auch etwas von der Atmosphäre lebhafter Diskussionen jener Jahre und den geistigen Führungsanspruch Kandinskys mit sicherem Griff und leiser Komik ein.
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.