Werktext
Mit der "Improvisation 19 a" führt Wassily Kandinsky einmal mehr vor Augen, wie sehr sich seine Malerei von den Gesetzen der äußeren Natur gelöst hat und zunehmend ihr eigenes System aufbaut. Im Wogen der Farben, ihren heftigen und dennoch unpräzisen Bewegungen, sind die Unterschiede zwischen Körper und Raum nicht mehr dingfest zu machen. Trotz der bunten Vielfalt liegt ein dunkler Gesamtton über dem Bild, der die dramatische Stimmung eines Kampfes – auch den der Mischung allzu vieler gegensätzlicher Farbeffekte – zu betonen scheint. Die Mittel seiner Malerei, die Kandinsky lange als zu schwach für sein Bedürfnis nach transzendentem Ausdruck empfunden hatte, sind jetzt in irritierender Weise entwickelt. In seinen "Rückblicken" schreibt der Künstler dazu: "Es mussten viele Jahre vergehen, bis ich durch Fühlen und Denken zu der einfachen Lösung kam, dass die Ziele (also auch die Mittel) der Natur und der Kunst wesentlich, organisch und weltgeschichtlich verschieden sind – und gleich groß, also auch gleich stark."
Doch noch immer spielt die "hidden imaginary", wie Rose-Carol Washton-Long sie nennt, eine entscheidende Rolle in diesem Prozess der Transmission. Sie gibt dem nahezu ungegenständlichen Bild seine "innere Vibration" und die suggestiven Reize verformter Nichterkennbarkeit. Dem Gesamtaufbau von "Improvisation 19a", mit den spitzen blauen 'Bergen' links im Hintergrund sowie der Aufteilung der 'Hügel', mag eine ferne Erinnerung an die Murnauer Landschaft zugrunde liegen. Rechts oben auf dem 'Hügelrand' befinden sich zwei geneigte Gestalten sowie zwei weitere, die sich etwas zureichen. Am auffälligsten ist die gewölbte, aufschießende und wie im Sturzbach wieder niedergehende dunkelgelbe Form im Vordergrund, die man auch wegen ihrer schwarzen 'Leibeshöhle' als nach rechts gekehrten, kegelförmig abgerundeten Körper lesen kann.
Vergleiche mit anderen Werken Kandinskys, etwa mit "Improvisation 7", die besonders in der Bewegungsrichtung der Elemente Ähnlichkeiten aufweisen, helfen nur sehr begrenzt weiter. In beiden Fällen scheint es sich um ein schicksalhaftes Treiben von Menschen in einer aufgewühlten Landschaft zu handeln. Wichtig ist jedoch die unruhige Bewegung des Gesamteindrucks und die Verfremdung des wie immer gearteten Geschehens, das damit auf eine neue, universale Ebene gehoben wird. Nicht nur das Unpräzise der Formen, sondern auch ihr undefiniertes Nebeneinander, das bereits im Frühwerk Kandinskys zu beobachten ist, bricht dabei die üblichen Sinnzusammenhänge ab. Johannes Langner charakterisiert das Prinzip der Metamorphose zum offenen, abstrakten Bild bei Kandinsky wie folgt: "In einem Beieinander der Motive, das nicht mehr in einer Aktion, sondern nur noch in Sinnbezügen, nicht mehr in verifizierbarer Tatsächlichkeit, sondern nur noch in Stimmungswerten begründet ist, tritt an die Stelle kausaler Verknüpfungen die freie Assoziation."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.
Doch noch immer spielt die "hidden imaginary", wie Rose-Carol Washton-Long sie nennt, eine entscheidende Rolle in diesem Prozess der Transmission. Sie gibt dem nahezu ungegenständlichen Bild seine "innere Vibration" und die suggestiven Reize verformter Nichterkennbarkeit. Dem Gesamtaufbau von "Improvisation 19a", mit den spitzen blauen 'Bergen' links im Hintergrund sowie der Aufteilung der 'Hügel', mag eine ferne Erinnerung an die Murnauer Landschaft zugrunde liegen. Rechts oben auf dem 'Hügelrand' befinden sich zwei geneigte Gestalten sowie zwei weitere, die sich etwas zureichen. Am auffälligsten ist die gewölbte, aufschießende und wie im Sturzbach wieder niedergehende dunkelgelbe Form im Vordergrund, die man auch wegen ihrer schwarzen 'Leibeshöhle' als nach rechts gekehrten, kegelförmig abgerundeten Körper lesen kann.
Vergleiche mit anderen Werken Kandinskys, etwa mit "Improvisation 7", die besonders in der Bewegungsrichtung der Elemente Ähnlichkeiten aufweisen, helfen nur sehr begrenzt weiter. In beiden Fällen scheint es sich um ein schicksalhaftes Treiben von Menschen in einer aufgewühlten Landschaft zu handeln. Wichtig ist jedoch die unruhige Bewegung des Gesamteindrucks und die Verfremdung des wie immer gearteten Geschehens, das damit auf eine neue, universale Ebene gehoben wird. Nicht nur das Unpräzise der Formen, sondern auch ihr undefiniertes Nebeneinander, das bereits im Frühwerk Kandinskys zu beobachten ist, bricht dabei die üblichen Sinnzusammenhänge ab. Johannes Langner charakterisiert das Prinzip der Metamorphose zum offenen, abstrakten Bild bei Kandinsky wie folgt: "In einem Beieinander der Motive, das nicht mehr in einer Aktion, sondern nur noch in Sinnbezügen, nicht mehr in verifizierbarer Tatsächlichkeit, sondern nur noch in Stimmungswerten begründet ist, tritt an die Stelle kausaler Verknüpfungen die freie Assoziation."
Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.