Vögel von Franz Marc

Franz Marc, Vögel, 1914

Details

Datierung
1914
Objektart
Gemälde
Material
Öl auf Leinwand
Maße
109 cm x 100 cm
Signatur / Beschriftung
u. r.: M
Ausgestellt
In "Der Blaue Reiter"
Inventarnummer
G 17489
Zugang
Ankauf 1990
Creditline
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Miteigentum der Bundesrepublik Deutschland aufgrund Ankaufsunterstützung
Zitiervorschlag / Permalink
Franz Marc, Vögel, 1914, Öl auf Leinwand, 109 cm x 100 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Miteigentum der Bundesrepublik Deutschland aufgrund Ankaufsunterstützung
https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/voegel-30015046
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Werktext

"Die Vögel" gehören zu den bedeutendsten Werken aus der letzten Schaffensperiode von Franz Marc kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. In den bewegten Farbfacetten des Bildes ist im Schwirren und Flattern dreier mit graphischen Kürzeln gezeichneter Vögel zugleich ein magischer Moment von Stillstand und Ruhe zur Darstellung gelangt. Der abstrakte Farbfächer, der sich über das gesamte Bild spannt, greift das Motiv des Flügelschlags noch einmal metaphorisch auf. "Marcs eigenständige Auseinandersetzung mit dem Futurismus und mit Delaunay verkörpert sich in diesem Werk auf eindrucksvolle Weise und zeigt sich sowohl an den prismatisch gebrochenen Formen als auch an dem leuchtenden Kolorit. In die miteinander verschränkten Schrägen und spitzwinkligen, aufgesplitterten Dreieckselemente sind die Titel gebenden Lebewesen so integriert, dass sie Dynamik und Verhaltenheit, schwirrenden Flug, wachsames Spähen, aber auch den Übergang von der Ruhe zur Bewegung anschaulich machen …" (Armin Zweite).

Ein Bild wie "Die Vögel" zeigt augenfällig, wie sich Marc gegen Ende seines Schaffens zunehmend ungegenständlicher Formen bedient. Diese Tendenz zur Eliminierung der Gegenstände ist die schlüssige Konsequenz seines Strebens nach Erneuerung und Reinigung der Kunst, bei dem er schließlich selbst das "unschuldige" Tier als "unreines" und störendes Element begriff. Marcs eigene vielzitierte Worte, die er rückblickend 1915 aus dem Feld seiner Frau Maria schrieb, mögen diese Entwicklung am besten erklären: "Ich empfand schon sehr früh den Menschen als 'hässlich'; das Tier schien mir schöner, reiner; aber auch an ihm entdeckte ich so viel gefühlswidriges und hässliches, so dass meine Darstellungen instinktiv, aus einem inneren Zwang, immer schematischer, abstrakter wurden. Bäume, Blumen, Erde, alles zeigte mir mit jedem Jahr mehr hässliche, gefühlswidrige Seiten, bis mir erst jetzt plötzlich die Hässlichkeit der Natur, ihre 'Unreinheit' voll zum Bewusstsein kam. Vielleicht hat unser europäisches Auge die Welt vergiftet und entstellt; deswegen träume ich ja von einem neuen Europa…"

Tatsächlich nehmen Marcs letzte Bilder, etwa die des Skizzenbuchs aus dem Felde, abstrakte Formen an, die sich von aller Gegenständlichkeit befreit haben. "Die Vögel" versöhnen noch einmal mit souveräner Heiterkeit die Spuren der Kreatur mit einer neuen Dimension des Ungegenständlichen und 'Geistigen', die zur kommenden Reinigung und Wandlung der Kunst bestimmt war. Dieses spannungsreich Zeitgemäße der Formen, das den Anspruch seiner Inhalte überdauert, erkannte der Künstler selbst in seinem Essay "Zur Kritik der Vergangenheit": "Wie ist es nur möglich", fragt Marc, "dass dieselben Menschen, die sich nicht über Dürers Arabesken oder die gotischen Gewandfalten zu wundern scheinen, wütend werden über die Dreiecke, Scheiben- und Röhrenformen unserer Bilder? Müssen sie nicht voll sein von Drähten und Spannungen, von den wunderbaren Wirkungen des modernen Lichtes, von dem Geist der chemischen Analyse, die die Kräfte zerlegt und eigenmächtig verbindet? Das alles ist die äußere sinnliche Form unserer Bilder."

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.

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