Im Regen von Franz Marc

Foto: Staedtische Galerie im Lenbachha

Details

Datierung
1912
Objektart
Gemälde
Material
Öl auf Leinwand
Maße
81,7 cm x 106 cm x 2,3 cm
Signatur / Beschriftung
o. r.: F. M.
Ausgestellt
Nein
Inventarnummer
G 13322
Zugang
Schenkung 1965
Creditline
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Bernhard und Elly Koehler Stiftung 1965
Zitiervorschlag / Permalink
Franz Marc, Im Regen, 1912, Öl auf Leinwand, 81,7 cm x 106 cm x 2,3 cm, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Bernhard und Elly Koehler Stiftung 1965, Foto: Staedtische Galerie im Lenbachha
https://www.lenbachhaus.de/digital/sammlung-online/detail/im-regen-30019619
Tags

Akkordeon öffnen oder schließen

Werktext

Das Bild "Im Regen" stellt sowohl in motivischer als auch formaler Hinsicht eine Ausnahme in Marcs reifem Schaffen dar. Durch das schräge Gitter herabpeitschender Regentropfen gewahrt man die zerlegten Gestalten von zwei Menschen in zeitgenössischer Kleidung, rechts vor ihnen läuft ein großer weißer Hund. Marc hatte sich seit 1910 mit großer Entschiedenheit von der Darstellung des Menschen abgewandt, weil ihm das Tier in seiner kreatürlichen Unschuld als einzig würdiger Gegenstand einer "gereinigten" Kunst erschien.

Hier nun schildert Marc, wie er und seine Frau Maria mit ihrem Hund Russi in einen schweren Regenschauer gerieten. Das Erlebnis der niederprasselnden Tropfen, gegen die sich die Menschen geduckt zu schützen versuchen, während der Hund ihnen beinahe entronnen ist, hat Marc zu einer besonders ausgeprägten Futurismus-Rezeption in diesem Bild geführt. Der vergleichbar 'modernistische' Eindruck geht neben der Bewegungsdarstellung nicht zuletzt auf die Kleider und Physiognomien des Paares zurück, die trotz der graphischen Kürzel deutlich erkennbar sind. Nach Marcs erstem Kontakt mit Bildern italienischer Futuristen im Katalog der Galerie 'Der Sturm' vom Frühjahr 1912 half er später nach Übernahme der Berliner Ausstellung durch den Kölner Gereons-Club August Macke beim Hängen der Bilder; schließlich sah er sie nochmals in der Münchner Galerie Thannhauser im November 1912. Hatte er zunächst nach Kenntnis des Berliner Kataloges an Kandinsky geschrieben: "Ich komme in mir über den sonderbaren Zwiespalt nicht weg – dass ich ihre Ideen, zum größten Teil wenigstens, glänzend finde und 'für fruchtbar' halten muss, aber über die vollkommene Minderwertigkeit ihrer Bilder keinen Zweifel hege", so erwärmte er sich an den Originalen zunehmend auch für die formalen Qualitäten dieser Werke. Anlässlich der Ausstellung futuristischer Malerei in München schrieb er nun begeistert an Macke: "Wirken großartig, viel, viel schöner als in Köln …"

Obwohl Marcs in der Abgeschiedenheit des oberbayerischen Sindelsdorf gemalte Tierbilder oft höchst verschlüsselt, zuweilen versponnen wirken, war ihr Schöpfer doch ein bemerkenswert modern denkender Maler, wie auch seine Aufsätze im Almanach "Der Blaue Reiter" mit ihrer Aufgeschlossenheit für andere 'Wilde' und Progressive der neuen Malerei verraten. Zudem trat er als praktischer Organisator nicht nur der Ausstellungen des 'Blauen Reiter', sondern auch der Kölner 'Sonderbund'-Ausstellung 1912 und des 'Ersten Deutschen Herbstsalons' in Berlin 1913 hervor und war Mitglied des 'Sonderbundes' und der Berliner 'Sezession'. Dies waren fruchtbare Gegensätze seiner künstlerischen Persönlichkeit, die auch in seinem Werk in der Ambivalenz moderner Formen und romantisch-idealistischem Ideengut nicht zu übersehen sind.

Werktext aus: Friedel, Helmut; Hoberg, Annegret: Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München. Prestel Verlag, 2007.