Aus dem Lmu-Hauptseminar
"Im Bauch des Museums" III

von Ronja Lotz.

In direkter Umgebung des Münchner Königsplatzes wird zurzeit kräftig gehämmert und gebaut. In östlicher Richtung darf bald das neue NS-Dokumentationszentrum Richtfest feiern; allerdings ist die Fertigstellung erst für 2014 angesetzt. Westlich von der Glyptothek und den Propyläen strahlt (oder steht) bereits schon der Neubau der Städtischen Galerie im Lenbachhaus.

Neben diesem Bau mit dem auffallendem Schriftzug von Thomas Demand steht direkt angegliedert – wie eh und je – die alte Künstler-Villa selbst. 1891 wurde diese seinerzeit von Gabriel von Seidl und Franz von Lenbach fertiggestellt. Das neue Gebäude von Foster + Partners wird im Mai 2013 eröffnet. Rechnet man diese Daten zusammen, liegen mehr als 100 Jahre Baugeschichte zwischen den beiden Gebäuden, und fast automatisch ergeben sich Fragen:

Wie wird der Übergang zwischen dem denkmalgeschützten Teil des Lenbachhauses und dem Neubau eines modernen Museums funktionieren? Schließt ein klassischer White Cube, wie er heutzutage als Museum gebaut wird, es nicht aus, mit den intimen Interieurs einer Künstlervilla zu kommunizieren?

Brian O`Doherty sagte in seiner Schrift „Inside the White Cube“, dass es heutzutage feste Richtlinien – fast schon Gesetze gibt, nach denen man eine Galerie oder ein Museum errichten müsse. Schattenlos, weiß und clean sollten die Räume sein, damit die Kunst „ihr eigenes Leben zu leben“ im Stande ist. Nichts dürfe an diesem beinahe schon sakralen Charakter kratzen, und so meint er humorvoll, könne selbst ein Feuerlöscher wie ein ästhetisches Scherzrätsel im Kontext eines Museums des 21. Jahrhunderts betrachtet werden.

Als Gegensatz dazu erscheint die alte Künstlervilla mit den bunten dekorativen Tapeten, den schmuckvollen Wand- und Deckenvertäfelungen sowie den Einrichtungsgegenstände wie ein gänzlich anderer Typ von Museum. Hier ist es wichtig, ehemalige Ausstellungs-gegebenheiten, wenn auch nach völlig anderem Zeitgeschmack, zu bewahren und zu konservieren. Das Auge des Betrachters musste sich in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenen Moden von Ausstellungkonzepten anpassen, doch dürfte dieser Unterschied am besten zu sehen sein, wenn man alte und neue Ausstellungsgegebenheiten nebeneinander betrachten kann.

Es wird auf jedem Fall spannend sein, zu beobachten wie diesen unterschiedlichen Bedingungen Rechnung getragen wird, denn das Architektenbüro hat nicht nur den Neubau entworfen, sondern auch ein Sanierungskonzept für den Altbau vorgelegt.

Werden wir also in einer neuen Art von Hybridbau aus goldenem White Cube und Künstlervilla stehen? Oder wird die Sammlung einen jähen Cut durch die neuen Räumlichkeiten erfahren? All dies gilt es ab den Eröffnungstagen im Mai 2013 herauszufinden.

Ronja Lotz ist Teilnehmerin des Hauptseminars „Im Bauch des Museums“ am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilian-Universität München (Prof. Dr. Burcu Dogramaci)