Warum sind
wir hier?

von Siëlle Phelan und Sarah Reinhold.

Im Atrium des Lenbachhauses stehend, mit Blick auf Olafur Eliassons „Wirbelwerk“ (2012), wurde uns klar, dass Entspannung wohl ein oft genannter Besuchsgrund der Lenbachhaus-BesucherInnen sein würde. Etwas anders als unser erster Eindruck vom Deutschen Museum und vom Tierpark Hellabrunn, wo wir, auf gleiche Art und Weise, die Besuchermotivationen erforschten, wie hier im Lenbachhaus.

Wir, das sind Siëlle Phelan und Sarah Reinhold, Doktorandinnen an der TUM School of Education, Fachgebiet Gymnasialpädagogik. Ende August haben wir im Foyer des Lenbachhauses in zwei Tagen fast 200 Besucherinnen und Besucher nach Ihren Motiven für den Besuch gefragt. Mit der Studie, die unter anderem auch Fragen zur Besuchskonstellation und zur Besuchsplanung umfasst, möchten wir u.a. herausfinden, warum BesucherInnen in das Lenbachhaus kommen, sprich, etwas über ihre Besuchsmotivationen erfahren.

Denn, bewusst oder nicht, BesucherInnen betreten ein Museum oder eine Ausstellung immer mit bestimmten Erwartungen, Zielen und Bedürfnissen. Diese variieren vom Wunsch‚ "mehr über ein spezielles Thema zu erfahren", bis hin zum Wunsch, "wertvolle Zeit mit Freunden zu verbringen", oder auch "den Alltagsstress zu vergessen". Es dürfte klar sein, dass unterschiedliche BesucherInnen aus unterschiedlichen Gründen kommen. Aber auch ein und dieselbe Person hat nicht immer die gleiche Motivation, wenn sie mehrmals das gleiche Museum besucht. Mal ist man mit seinen Kindern im Lenbachhaus und möchte sie beim Erkunden und Lernen begleiten, ein andermal ist man alleine und möchte sich einfach nur entspannen und die Ausstellung genießen.

Dazu kommt, dass manche Motive ortsabhängig sind und andere nicht. Wenn man mehr über die Werke der Mitglieder des "Blauen Reiter" erfahren möchte, ist man im Lenbachhaus am richtigen Ort, wenn man einen schönen Ausflug mit Freunden machen möchte, bieten sich daneben auch viele andere Möglichkeiten an.
Die Motive bestimmen nicht nur das aktuelle Besuchserlebnis, sondern auch, welche Bedeutung bzw. welcher Sinn dem Besuch langfristig zugesprochen wird. Auch die Zufriedenheit mit dem Besuch wird maßgeblich von der Motivation beeinflusst. Mit anderen Worten, wenn BesucherInnen gekommen sind, um etwas zu lernen, kann fehlende oder wenig detaillierte Information frustrieren – BesucherInnen mit der Motivation, sich zu erholen, sehen das vielleicht ganz anders. So liefert unsere Studie Informationen für KuratorInnen und AusstellungsleiterInnen, die ihnen dabei helfen sich noch besser auf ihre BesucherInnen und deren Motive einzustellen. Die Umsetzung solcher Erkenntnisse variiert von einem maßgeschneiderten Angebot für die verschiedenen Besuchergruppen, bis hin zu einer ausgefeilten Marketingstrategie.

Erste Einblicke in die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sowohl Lernen als auch Spaß für viele BesucherInnen des Lenbachhauses im Vordergrund stehen. Doch auch unser anfänglicher Eindruck der Atmosphäre im Atrium bewahrheitete sich: das Bedürfnis nach Entspannung und Erholung, den Alltag hinter sich zu lassen stellt sich als maßgebliche Besuchsmotivation für das Lenbachhaus heraus. Mit dieser kurzen Innenansicht aus der Durchführung der Befragung möchten wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei den MitarbeiterInnen des Lenbachhauses und natürlich bei den teilnehmenden BesucherInnen bedanken. Dank des sowohl anregenden als auch gelassenen Ambientes und dito der Besucher war die Befragung im Lenbachhaus für uns eine sehr schöne und interessante Erfahrung. Und sicher kommen auch wir selbst einmal wieder ins Lenbachhaus – vielleicht mit der Motivation, uns wieder von der Dynamik Eliassons "Wirbelwerk" mitreißen oder angesichts der gleichzeitig von ihm ausgehenden Ruhe einmal den Alltagsstress hinter uns zu lassen.

Siëlle Phelan ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TUM School of Education und arbeitet an ihrer Dissertation zum Thema ‚dealing with conflicting information in the museum‘.

Sarah Reinhold ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TUM School of Education.

Veröffentlicht am 13. November 2014